Aus Sicht der Patientenvertretung

Gesundheitsreform: Weniger vorschnelle Entscheidungen zugunsten der Knochensäge

Die Katze ist aus dem Sack: Heute Vormittag stellte das Bundesgesundheitsministerium seine Reformpläne zum Gesundheitssystem vor. Geht es nach dem Willen von Minister Karl Lauterbach, werden die ungeliebten Fallpauschalen künftig eine deutlich geringere Rolle spielen. Dazu ein Kommentar unseres Vorsitzenden Arnfred Stoppok.

Mehr als überfällig

Eine echte Reform des Gesundheitssystems, welche die Versorgung von Patienten wieder auf die medizinische Notwendigkeit, nicht auf ökonomische Anreize, orientiert, war mehr als überfällig. Die gemachten Vorschläge kratzen nun tatsächlich an der Grenze zu einer echten Revolution in der Vergütung medizinischer Leistungen. Schon zu lange waren auch wir Menschen mit Diabetes durch das System der Fallpauschalen einerseits einer Überversorgung und andererseits einer Unterversorgung ausgesetzt.

Deutlich zeigt sich das beim Thema Amputationen: Noch immer wird in Deutschland bei Folgeschäden eines Diabetes an den Füßen mehr amputiert als notwendig. Eine Amputation wird durch die anfallende Pauschale besser vergütet als eine langwierige auf Erhalt der Gliedmaßen ausgerichtete Wundpflege. Dadurch, dass ein erhaltender Therapieansatz künftig in den geplanten ambulanten Versorgungszentren wahrscheinlich sogar besser vergütet wird, als eine Amputation in einem spezialisierten Zentrum, welches eh eine Vorhaltepauschale erhält, sind die Weichen gestellt für weniger vorschnelle Entscheidungen zugunsten der Knochensäge.

Schritt in Richtung Patientenwohl

Auch wenn die Fallpauschalen in Teilen erhalten bleiben, ist das Konzept im großen Ganzen in sich stimmig und deutlicher in Richtung Patientenwohl als auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Nun kommt es darauf an, dass die Fraktionen und auch die Länder im Bundesrat mitspielen. Durch den bereits gemachten Kompromiss bei den Fallpauschalen ist die Reform bereits verwässert. Weitere Kompromisse könnten hier den Lenkungseffekt verringern. Es bleibt zu hoffen, dass dies über die Parteigrenzen hinweg begriffen wird.