Diabetologen und Endokrinologen unterbreiten Vorschläge

So könnte die Umsetzung der Nationalen Diabetesstrategie aussehen

Im Sommer beschloss der Bundestag die Nationale Diabetesstrategie. Ziel soll zum einen eine Verbesserung der Versorgung von Diabetikern sein. Zum anderen sollen Ergebnisse aus der Forschung künftig rascher in die Praxis umgesetzt werden.

Wie kann die Umsetzung der nationalen Diabetesstrategie aussehen? In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) jetzt die Politik dazu auf, die Aus- und Weiterbildungskapazitäten im Bereich Diabetologie und Endokrinologie auszubauen. Dies sei wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung der im Sommer beschlossenen politischen Ziele.

Medizinstudenten sollen mehr über Diabetologie lernen

Ein erster Schritt in die richtige Richtung: Die über Jahrzehnte verloren gegangenen personellen Ressourcen müssen wiederaufgebaut und innovative Lerninhalte im Medizinstudium neu geschaffen werden.

Für die Umsetzung der im Juli beschlossenen politischen Ziele schlagen die Experten von DDG, DGE und dem DZD im Rahmen eines gemeinsam veröffentlichten Positionspapiers Folgendes vor:

  • An allen medizinischen Fakultäten sollen Lehrstühle für Diabetologie/Endokrinologie eingerichtet werden.
  • Das Fach Diabetologie muss künftig eine wichtigere Rolle bei der Ausbildung von Medizinstudenten spielen. Zudem sollen für den Nachwuchs attraktive Karrierewege sowohl in der Forschung als auch in der Versorgung von Erkrankten entwickelt werden.
  • Ergebnisse aus der Forschung sollen schneller in die Praxis umgesetzt werden und somit den Menschen mit Diabetete zu Gute kommen.
  • Die Kapazitäten der Kliniken sollen im Bereich Diabetologie/Endokrinologie deutlich ausgebaut werden.
  • Ärzte müssen künftig Gespräche mit ihren Patienten besser abrechnen können und so mehr Zeit für sie haben.
  • Die Betreuung besonders gefährdeter Altersgruppen wie Kinder und ältere Menschen soll künftig besser werden. Dazu braucht es eine Aufstockung der finanziellen Mittel.

„Stoffwechselerkrankungen steigen stetig an, während das medizinische Personal in diesem Bereich zunehmend finanziellen Einsparungen zum Opfer fällt“, kritisiert die Präsidentin der DDG Prof. Dr. med. Monika Kellerer.

Immer mehr Diabetiker warten wochenlang auf einen Termin

In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl der Lehrstühle in diesem Bereich fast halbiert. „Derzeit findet sich nur noch an acht von 38 medizinischen Fakultäten ein entsprechender klinischer Lehrstuhl mit Direktionsrecht“, führt Prof. Dr. med. Günter Stalla, Präsident der DGE, aus und erklärt: „Das DRG-System benachteiligt die sogenannte sprechende Medizin, zu der die Diabetologie und Endokrinologie in besonderer Weise zählen. Diese Entwicklung führt zu einer Unterversorgung an Fachärzten, zu Nachwuchsmangel in diesen Fachgebieten sowie zu weniger Forschung, was sich weiter negativ auf die Versorgungsqualität auswirkt. Immer mehr Patienten warten monatelang auf einen Termin oder finden gar keinen Spezialisten mehr, der sie betreuen kann.“

Gerade jetzt während der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, wie wichtig eine stabile Stoffwechseleinstellung und eine engmaschige Betreuung für Diabetiker ist. „Unsere Disziplinen bluten aus, wenn jetzt nicht auf politischer Ebene gehandelt wird“, mahnt der Endokrinologe.

Leider wurden freiwerdende Lehrstühle häufig nicht nachbesetzt

Versorgung und Forschung sind ein wesentlicher Bestandteil der im Sommer beschlossenen Nationalen Diabetesstrategie. Um die Umsetzung von Forschungsergebnissen rasch in die Wege leiten zu können, seien eigenständige klinische Lehrstühle in der Diabetologie und Endokrinologie dringend erforderlich, betont DZD-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Dr. Martin Hrabě de Angelis. „Leider besteht an vielen Universitätskliniken weiterhin die Tendenz, freiwerdende Lehrstühle nicht wieder neu zu besetzen oder die wenigen vorhandenen Kliniken zu verkleinern.“