Abschläge für mangelnde Expertise?

Fachärzteverband: Über 80 Prozent der Krankenhäuser ohne Ahnung von Diabetes!

Nicht einmal 20 Prozent aller Krankenhäuser in Deutschland verfügen über ausreichend Kenntnisse zur Versorgung von Menschen mit Diabetes, warnen die in der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) organisierten Ärzte.


Etwa jeder dritte Mensch mit Diabetes fühlt sich im Krankenhaus unzureichend versorgt. Laut Umfragen hat nur jeder Vierte während seines Aufenthalts in der Klinik Kontakt zu diabetologisch geschultem Fachpersonal. Ein Klinikaufenthalt kann deswegen für Patienten mit Diabetes gefährlich werden, so Experten auf der Jahrestagung der DDG. Menschen mit Diabetes sollten sich daher an DDG-zertifizierte Kliniken wenden, die ein hohes Maß an Diabetes-Expertise und Versorgungssicherheit aufweisen.

Krankenhauspersonal kann oft mit den technischen Neuerungen nicht Schritt halten

Die Versorgung von Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, ist keine einfache Sache. Selbst für erfahrenes diabetologisches Fachpersonal stellt die Behandlung insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 eine Herausforderung dar. „Ihre ständig schwankende Stoffwechsellage aufgrund ihres Wachstums bedarf einer hochprofessionellen, interdisziplinären Betreuung – das gilt für die ambulante aber auch für die stationäre Versorgung“, erklärt Dr. Silvia Müther, Leiterin eines Diabeteszentrums in Berlin. Die neuen Technologien verbesserten zwar deutlich die Behandlung und Lebensqualität von Kindern, setzen jedoch auch immer mehr technische Expertise voraus. Mit diesen Neuerungen kann das Personal in vielen Krankenhäusern neben dem Alltagsgeschäft kaum Schritt halten. Kliniken in Deutschland seien nicht ausreichend auf diese Situation vorbereitet.

Nur jede sechste Klinik hat notwendiges Fachwissen

Laut dem Vorstandsmitglied der DDG Prof. Dr. Baptist Gallwitz hat nur etwa jede sechste Klinik das notwendige Fachwissen.  Dabei könne fehlende Diabeteskompetenz zu Behandlungsfehlern und Todesfällen führen, da sind sich Müther und Gallwitz einig. Diabetes-Zertifizierungen wiederum sorgten für mehr Patientensicherheit: „Eine spezialisierte Betreuung trägt nachweislich zu einer Senkung der Krankenhaustage und -wiederaufnahmen, einem niedrigeren HbA1c-Wert bei besserem Krankheitsmanagement und zu weniger Folgekomplikationen bei“, so Gallwitz.

Die aktuelle Reformen des Gesundheitssystems reichten laut dem Experten nicht aus. Es sei zu befürchten, dass die Diabetologie weiter unterfinanziert bleibe. Die Folge sei, dass Menschen mit Diabetes nicht mehr leitliniengerecht behandelt werden können, „da qualifizierte Behandelnde in Kliniken fehlen“. Das geschehe besonders dann häufig, wenn Menschen mit Diabetes wegen einer anderen Erkrankung stationär behandelt würden.

Forderung nach finanziellen Zuschlägen für qualifizierte Kliniken

Bund und Länder planen im Zuge ihrer Krankenhausreform, das Finanzierungssystem um Vorhaltepauschalen zu ergänzen. Diese Vorhaltepauschale sollen Krankenhäuser für die Bereitstellung bestimmter Leistungen erhalten. Gallwitz hat folgenden Ergäanzungsvorschlag: Kliniken, die diese zur Behandlung von Diabetes notwendigen Strukturen vorhalten, sollten deswegen finanzielle Zuschläge erhalten und im Gegenzug dazu, Einrichtungen ohne diabetologische Expertise mit Abschlägen belegt werden.