Typ-1-Diabetes

Verlängert Semaglutid den Honeymoon?

Bei Manchen fühlt es sich fast an, als wäre der Diabetes verschwunden. Einige Wochen oder Monate nach der Diagnose Diabetes Typ 1 sinkt der Bedarf an Insulin für eine gewisse Phase. Dieser Zeitraum der Remission wird „Honeymoon“ genannt. Grund dafür ist die Tatsache, dass zu Beginn der Behandlung noch einige insulinproduzierende Zellen erhalten sind, die sich vorübergehend erholen.


In einem neuen ersten Ansatz, wurde mit einem Medikament versucht, diese sog. "Honeymoon"-Phase (der englische Begriff entspricht ungefähr den deutschen "Flitterwochen", ein Bild dafür, dass der Diabetes sich frisch mit dem Körper "verheiratet" hat) bei zehn Erwachsenen mit Diabetes Typ 1 zu verlängern. Bei allen Teilnehmern war der Diabetes erst vor kurzem diagnostiziert worden. Zum Einsatz kam der Wirkstoff Semaglutid, der eigentlich zur Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt wurde.

Einsatz von Semaglutid bei Diabetes Typ 2

Der Wirkstoff Semaglutid, der unter dem Namen Ozempic oder Wegovy vermarktet wird, erhöht die Produktion von Insulin und wird schon seit einigen Jahren zur Behandlung von Diabetes Typ 2 eingesetzt. Das Präparat unterstützt die Freisetzung von Insulin aus den Zellen der Bauchspeicheldrüse. Dadurch wird bei Diabetes Typ 2 der Blutzucker gesenkt. Semaglutid ist derzeit in aller Munde, weil der Wirkstoff auch die Magenentleerung verlangsamt und den Appetit senkt und damit auch beim Abnehmen hilft. Für Menschen mit Diabetes Typ 2 wird die Substanz unter dem Namen Ozempic und bei Übergewicht in höherer Dosierung unter dem Namen Wegovy vertrieben.

Für die Behandlung von Typ-1-Diabetes ist Semaglutid nicht zugelassen, da es die tägliche Gabe von Insulin nicht ersetzen kann. Bei Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Anstieg des Blutzuckers die Folge der Zerstörung der Zellen ist, die Insulin produzieren. Wenn diese Zellen fehlen, können Medikamente wie Semaglutid die Produktion nicht mehr steigern. Zu Beginn der Erkrankung sieht das anders aus. Während der sog. Honeymoon-Phase kommen viele mit weniger Insulin aus.

Im Honeymoon noch Insulin

Die genaue Ursache des Honeymoons ist nicht bekannt. Auf jeden Fall kann in dieser Phase noch eine kleine Produktion von Insulin gemessen werden, so auch bei den zehn Probanden der Studie. Das körpereigene Insulin war zu Beginn der Erkrankung nicht mehr in der Lage, die Glukose nach den Mahlzeiten auf die Zellen zu verteilen. Der HbA1c-Wert lag bereits bei durchschnittlichen 11,7 Prozent.

Zu diesem Zeitpunkt wurden alle zehn bereits mit Insulin behandelt. Zusätzlich erhielten sie Semaglutid aufdosiert von 0,125 auf 0,5 mg pro Woche. Parallel dazu verzehrten die Teilnehmer weniger Kohlenhydrate. Während der Behandlung verbesserte sich der HbA1c, was häufig während der Honey­moon-­Phase auftritt.

Verzicht auf Insulin nach einem halben Jahr

Bei den zehn Teilnehmern fiel der Rückgang aber so deutlich aus, dass nach drei Monaten alle auf Insulin vor den Mahlzeiten verzichten konnten. Sieben von ihnen brauchten nach einem halben Jahr gar kein Insulin mehr. Der Langzeitblutzucker blieb auch nach einem halben Jahr bei 5,9 Prozent und nach einem Jahr bei 5,7 Prozent.

Eine so deutliche Verbesserung des HbA1c ist für die Honeymoon-Phase ungewöhnlich, insbesondere noch im zweiten Halbjahr der Behandlung. Aktuell wird eine weitere größer angelegte Studie geplant, an der mehr Menschen mit Diabetes Typ 1 mit Semaglutid behandelt werden sollen.