Verzögerte Magenentleerung problematisch während der Narkose

Vollnarkose: Komplikationen wegen Ozempic und Co.

Anästhesisten sind beunruhigt, denn GLP-1-Rezeptor-Agonisten wie beispielsweise in Ozempic, Wegovy, Saxenda, Trulicity oder Mounjaro verzögern die Entleerung des Magens. So landen immer wieder Menschen auf dem Operationstisch, die nicht nüchtern sind.


In den USA häufen sich in letzter Zeit Meldungen von einer besonders gefährlichen Form der Lungenentzündung, der Aspirationspneumonie während Operationen unter Vollnarkose. Dies liegt daran, dass immer mehr Menschen mit Ozempic oder anderen GLP-1-Rezeptor-Agonisten behandelt werden.

Bei Vollnarkose sind der Schluck- und Hustenreflex ausgeschaltet. Dadurch kann unter Umständen Mageninhalt in den Rachen geraten, eingeatmet werden und dort eine lebensgefährliche Lungenentzündung hervorrufen.

Lebensgefährliche Lungenentzündung in nicht nüchternem Zustand

Vor geplanten Operationen darf deswegen üblicherweise sechs bis acht Stunden vorher nichts mehr gegessen werden. GLP-1-Rezeptor-Agonisten verzögern jedoch die Entleerung des Magens. Der Zeitraum von bis zu acht Stunden könnte bei Patienten, die mit GLP-1-Agonisten behandelt werden, zu kurz sein.

Was haben Ozempic und Co. mit Krustenechsen zu tun?

GLP-1-Rezeptor-Agonisten sind Medikamente, die zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt werden. Sie helfen, den Blutzuckerspiegel zu senken, indem sie auf natürliche Weise im Körper vorkommende Hormone nachahmen. Das "GLP-1" steht für "Glucagon-like peptide-1", ein Hormon, das die Insulinproduktion fördert und die Freisetzung von Zucker aus der Leber hemmt.

Ursprünglich wurden GLP-1-Rezeptor-Agonisten aus dem Gift der Gila-Krustenechse entwickelt. Die Gila-Krustenechse (Heloderma suspectum), ein im Südwesten Nordamerika lebendes Reptil, produziert ein giftiges Sekret, das sie zur Verteidigung verwendet. Forscher entdeckten jedoch, dass bestimmte Bestandteile dieses Gifts ähnliche Wirkungen wie GLP-1 haben können, wenn sie im Körper angewendet werden.

Um Klarheit über die Auswirkungen dieser Wirkstoffe zu erhalten, führte man bei 124 Erwachsenen vor ihrer Operation einen kurzen Ultraschall des Magens durch. Die Hälfte der Teilnehmer spritze sich zu diesem Zeitpunkt einen GLP-1-Rezeptor-Agonisten. Bei wiederum der Hälfte von ihnen fand man noch Speisereste im Magen. Bei denjenigen, die mit keinem vergleichbaren Präparat behandelt wurden, lag der Anteil bei unter 20 Prozent.

Mindestens eine Spritze auslassen

Ärzte empfehlen deswegen vor einer geplanten Operation mindestens eine Spritze auszulassen. Da die GLP-1-Rezeptor-Agonisten in der Regel einmal wöchentlich verabreicht werden, sollte auch die Vorbereitung bis zu einer Woche vor der Operation beginnen, was selbst bei geplanten Eingriffen nicht einfach zu organisieren sein dürfte.

Die US-Anästhesisten empfehlen bei denjenigen, die ihre Medikamente nicht rechtzeitig abgesetzt haben, die Operation zu verschieben. Ansonsten gilt der Eingriff – sollte nicht per Ultraschall ausgeschlossen werden, dass sich noch Nahrung im Magen befindet - als Risikooperation mit vollem Magen.