„Süßstoffe haben so gut wie keine Kalorien und beeinflussen den Blutzucker nicht. Diabetiker sollten deswegen Getränke wie Kaffee oder Tee mit Süßstoff statt mit Zucker süßen“, lauteten lange die allgemeinen Empfehlungen. Diesen Ratschlag sollte man jetzt überdenken.
Obwohl Süßstoffe keine nennenswerten Kalorien enthalten, sorgen zumindest einige von ihnen für einen Anstieg des Blutzuckers. Die Glukosetoleranz, also die Fähigkeit des Körpers, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, wird damit negativ beeinflusst und ist damit ein Risikofaktor für Übergewicht und Diabetes Typ 2. Damit bewirken Süßstoffe genau das, was viele der Konsumenten eigentlich verhindern wollen, nämlich zuzunehmen und einen Diabetes zu entwickeln.
Erste Versuche an Mäusen legen Verdacht nahe
Bereits vor ein paar Jahren hatten Forscher aus Israel Zweifel an der Süßstoff-Empfehlung für Diabetiker angemeldet. Die Wissenschaftler konnten damals zeigen, dass Süßstoffe wie Saccharin, Sucralose oder auch Aspartam einen ungünstigen Einfluss auf den Glukosespiegel von Mäusen haben. Die Tiere erhielten damals zeitgleich Antibiotika, um die Zahl der Bakterien im Darm zu minimieren, weil die Forscher schon damals davon ausgingen, dass Darmbakterien eine Rolle auf die Glukosetoleranz haben könnten.
Jetzt hat die gleiche Arbeitsgruppe die Auswirkungen verschiedener Süßstoffe an Menschen überprüft. Dazu suchten sie lange nach Teilnehmern, die bislang in ihrem Leben strikt auf Süßstoffe verzichtet hatten. Kein leichtes Unterfangen, da viele Fertiggerichte künstlich gesüßt werden. Um 120 Personen für ihre Studie zu finden, mussten sie knapp 1.400 Menschen zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragen.
Aspartam, Saccharin, Sucralose und Stevia eingesetzt
Die Probanden waren im Durchschnitt rund 30 Jahre alt und bei guter Gesundheit, waren weder übergewichtig noch hatten sie Stoffwechselstörungen. Die Teilnehmer wurden in sechs Gruppen eingeteilt. Die Teilnehmer von vier Gruppen erhielten für neun Tage Beutelchen der Süßstoffe Aspartam, Saccharin, Sucralose und Stevia in üblichen Dosierungen. Die Teilnehmer der fünften Gruppe hatten Glukose in ihren Beutelchen, die der sechsten Gruppe ein Placebo.
Alle Teilnehmer trugen bereits vor der Einnahme der Beutelchen kontinuierliche Blutzuckermessgeräte und behielten sie auch nach der Einnahme noch eine Woche an. Außerdem führten alle regelmäßig orale Glukosetoleranztests durch. Bei diesen Tests wird gemessen, wie stark der Blutzucker nach der Einnahme von Zucker ansteigt.
Alle vier Süßstoffe veränderten das Mikrobiom - zwei auch die Blutzuckerwerte
Alle vier Süßstoffe veränderten deutlich die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm. Nach der Einnahme von Saccharin und Sucralose, kam es zusätzlich zu einem deutlich erkennbaren Anstieg der Blutzuckerwerte. Welcher Mechanismus genau dahinter steckt ist noch nicht erwiesen. Die Veränderung der Darmflora spielt höchstwahrscheinlich hier eine Rolle. Die mehrmalige Untersuchung von Stuhlproben ergab, dass alle eingesetzten Süßstoffe das Mikrobioms deutlich verändert hatten. Blutuntersuchungen ergaben, dass die Süßungsmittel auch den Stoffwechsel verändert hatten.
Interessant war: Wurden Mäusen die Darmbakterien der Menschen übertragen, die Süßstoffe verzehrt hatten und mit einer starken Veränderung der Darmflora reagiert hatten, entwickelten sie wie die Menschen eine veränderte Glukosetoleranz. Die Studienergebnisse belegen, dass Süßstoffe das menschliche Mikrobiom verändern und den Glukosestoffwechsel stören können.