Diabetes im Alter

Pflegefehler: Zuckerwert bei Senioren oft zu stark gesenkt

Bei älteren Menschen mit Diabetes sollte der Blutzucker je nach körperlichem Zustand unter Umständen weniger stark gesenkt werden als bei jüngeren. US-Forscher untersuchten, inwieweit diese Empfehlungen in Pflegeheimen berücksichtigt werden.

Nicht nur in den USA, auch in Deutschland ist jeder dritte bis vierte Bewohner in Pflegeheimen Diabetiker. Viele Senioren in Heimen sind bei der Behandlung ihrer Erkrankung auf die Hilfe von Pflegepersonal angewiesen. Deswegen ist die Frage, wie es um die Versorgung dieser Menschen und ihres Diabetes steht, von großer Bedeutung.

Der Langzeitblutzuckerwert HbA1c sollte bei jüngeren Menschen mit Diabetes zwischen 6,5 und 7,0 Prozent liegen. Dieses Ziel gilt laut ärztlichen Empfehlungen auch für diejenigen älteren Menschen, die relativ gesund und körperlich fit sind. Bei Senioren, die zusätzlich zu Diabetes auch an anderen Krankheiten leiden, genügt je nach Zustand ein HbA1c-Wert von 7,0 bis 8,5 Prozent. Berücksichtigt werden muss dabei immer unter anderem, wie hoch die Gefahr von Unterzuckerungen ist.

 

Welcher Langzeitblutzucker für wen?

 

Der HbA1c-Wert beschreibt, wie hoch der Blutzucker in den vergangenen acht bis zwölf Wochen war. Fachleute sind sich einig: Es gibt keinen Zielwert für den Blutzucker, der für alle gilt.
Die Therapieempfehlungen bei Senioren richten sich nach dem körperlichen Zustand des Einzelnen. Mediziner teilen ihre älteren Patienten in drei Gruppen ein:

  • Go-go-Patienten sind ältere, aber größtenteils gesunde Menschen mit wenigen Krankheiten. Sie sollten gegen ihren Diabetes so behandelt werden, wie auch jüngere. Das heißt der Langzeitblutzuckerwert HbA1c sollte zwischen 6,5 und 7,0 Prozent liegen
  • Unter Slow-go-Patienten verstehen Ärzte gebrechliche ältere Menschen mit mehreren Begleiterkrankungen, die sie deutlich einschränken. Hier liegt das Ziel der Therapie bei einem HbA1c von 7,0 bis 8,0 Prozent.
  • Mit No-go-Patienten sind multimorbide ältere Menschen mit schweren Einschränkungen und einer geringen Lebenserwartung gemeint, die auf ständige Betreuung angewiesen sind. Hier darf der HbA1c zwischen 8,0 und 8,5 Prozent liegen.

HbA1c von Pflegeheim-Bewohnern gemessen

US-Forscher untersuchten, wie die Bewohner von Pflegeheimen mit Diabetes behandelt werden. Dazu wurden 7.400 überwiegend männliche Bewohner von Pflegeheimen untersucht, in denen Veteranen wohnen. Alle Studienteilnehmer waren an Diabetes Typ 2 erkrankt. Bestimmt wurde der Langzeitblutzuckerwert.

Die Forscher definierten hier „Übertherapie“ als eine Behandlung mit Insulin und einem HbA1c unter 6,5 Prozent. Eine „mögliche Übertherapie“ definierten sie entweder einen HbA1c unter 7,5 Prozent in Kombination mit einer Insulinbehandlung oder unter 6,5 Prozent bei einer Behandlung mit blutzuckersenkenden Medikamenten. Als Ausnahme galt eine Behandlung ausschließlich mit Metformin.

 

Wie ein Pflegeheim für Diabetiker finden?

 

Senioren und ihren Angehörigen fällt es oft schwer, ein geeignetes Pflegeheim für Menschen mit Diabetes zu finden. Worauf man besonders achten sollte:

  • Werden die Pflegekräfte regelmäßig geschult?
  • Haben Sie Erfahrung im Messen von Blutzucker?
  • Kennen sie die verschiedenen Geräte?
  • Wie steht es um die Verhütung von Folgeschäden (Stichwort diabetischer Fuß)?
  • Wissen die Köche im Haus was sie für Menschen mit Diabetes zubereiten müssen? Weiß das Personal, wie sie die Insulinmenge anzupassen ist, wenn Verwandte und Freunde Süßes mitgebracht haben?
  • Gibt es Möglichkeiten für gemeinsame Spaziergänge um möglichst aktiv zu bleiben?
  • Erkennen die Pfleger bei Patienten mit Demenz die Anzeichen für Über- und Unterzuckerung?

Sprecht die Heimleitung direkt auf diese Punkte an, wenn Ihr auf der Suche nach einem Platz in einem Pflegeheim für Euch oder Angehörige sucht.

 

Zu starke Senkung des Blutzuckerwerts keine Seltenheit

Die Wissenschaftler stellten fest, dass 17 Prozent der Pflegeheimbewohner mit Diabetes übertherapiert wurden und 23 Prozent „möglicherweise übertherapiert“. Die Autoren schreiben dazu: „Es ist alarmierend, dass in unserer Studie Unterzucker nicht mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer fortgesetzten Überbehandlung verbunden war“. Das bedeutet, dass das Personal nicht auf die Hinweise der Mediziner einging, bei einem Teil der Bewohner die Insulinmenge zu reduzieren. Dies ist umso wichtiger, als frühere Studien bereits gezeigt haben, dass eine zu starke Senkung des Blutzuckers deutlich häufiger zu Notaufnahmen in Krankenhäusern und einer höheren Sterblichkeit führt.