Arzthelferin soll jetzt die Lösung selber anrühren

Schwangerschaftsdiabetes: Teil der Kassen erstattet Fertiglösung nicht mehr

Um Kosten zu sparen, erstatten einige Krankenkassen keine Fertiglösungen mehr, mit denen schwangere Frauen auf Gestationsdiabetes untersucht werden. Die Lösungen werden dann in der Frauenarztpraxis oder beim Diabetologen selber zusammengemischt.

Ungenauigkeiten und Verunreinigungen, die dann zu falschen Testergebnissen führen, befürchten Fachleute der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) beim Selbstanmischen der Lösung in der Arztpraxis und raten ganz klar von diesem Vorgehen ab. Die DDG fordert die kassenärztlichen Vereinigungen und den GKV Spitzenverband auf, die Fertiglösung wieder
flächendeckend zu erstatten.

In der Praxis sieht aktuell das so aus: Je nach Krankenkasse der Schwangeren erhalten die Frauen entweder die gewohnte Fertiglösung zum Trinken oder die Arzthelferin greift zu dem aus der Apotheke bezogenen Pulverform und bereitet den Glukosetoleranztest selber zu. Dies bedeute nicht nur einen zusätzlichen organisatorischen Aufwand für das Praxispersonal, sondern erhöhe auch die gesundheitlichen Risiken für die Schwangere und ihr Kind im Bauch, so Sprecher der DDG.

Ersparnis von lediglich vier Euro

Bislang beziehen die meisten Praxen die Fertiglösung als 300-Milliliter-Flasche für 5,53 Euro in der Apotheke. Die in Tütchen abgefüllte Einzelportion Glukose, die in Wasser aufgelöst wird, kostet in der Apotheke hingegen nur etwa 1,21 Euro. „Skandalös ist, dass mit der Entscheidung einzelner Krankenkassenverbände die Kostenträger aufgrund einer Ersparnis von knapp vier Euro pro Patientin und Screening die diagnostische Sicherheit und auch die Gesundheit der Mutter und des ungeborenen Kindes aufs Spiel setzen“, kritisiert Dr. med. Nikolaus Scheper, Vorsitzender des Bundesverbands niedergelassener Diabetologen e.V..

Pulver schlecht lösbar

Denn die Zubereitung der Glukoselösung in der Praxis berge diverse Fallstricke.
„Zunächst ist es nicht einfach, die Tütchen mit der abgewogenen Menge Glukose-Monohydrat vollständig zu leeren und eventuell an den Plastikoberflächen haftendes Pulver in den Trinkbecher zu füllen“, erklärt der niedergelassene Diabetologe. „Auch muss die zugegebene Flüssigkeit präzise abgemessen werden, um das Mischverhältnis nicht zu verfälschen. Zudem ist die Glukose schwer löslich und muss einige Minuten gerührt werden, was bei mehreren gleichzeitigen Tests eine Herausforderung ist. Trotz aller Mühen und optimaler Bedingungen verbleibt immer wieder ein Rest Glukose im Behältnis, der sich nicht auflöst und so zu einer falsch negativen Interpretation des Testes führen kann.“ Zudem stünden in kleineren Praxen häufig keine Räume zu Verfügung, die den Hygieneanforderungen entsprechen, was wiederum zu Verunreinigungen führen kann.

Ärzte können haftbar gemacht werden

Auch rechtliche Bedenken sprechen gegen eine Selbstherstellung der Glukose-Flüssigkeit: „Gemäß Produkthaftungsgesetz können behandelnde Ärzte dafür haften, wenn Probleme bei den in der Praxis hergestellten Lösungen auftreten“, erklärt DDG Pressesprecher Professor Dr. med. Baptist Gallwitz aus Tübingen. Werde bei einer Frau im Verlauf ein Schwangerschaftsdiabetes erkannt, der zuvor beim Frauenarzt negativ ausfiel, kann die Frau den Arzt verklagen. Damit sei zu befürchten, dass viele Ärzte das Screening auf Schwangerschaftsdiabetes seltener durchführen.

Laut Mutterschaftsrichtlinien wird seit 2012 das Screening auf Schwangerschaftsdiabetes von den Krankenkassen erstattet. Bei dem zweistufigen Test trinkt die werdende Mutter im Zeitraum zwischen der 24. Und 28. Schwangerschaftswoche eine Lösung mit 50 Gramm Glukose. Werden erhöhte Blutzuckerwerte gemessen, folgt ein erneuter Nüchtern-Test mit 75 Gramm Glukose.

 

Weiterführende Infos

Im Oktober hatte Spiegel Online das Thema in Verbindung mit einem Todesfall aufgegriffen.