Semaglutid versus Tirzepatid

Wegovy oder Mounjaro - welche Abnehmspritze wirkt besser?

Schon in den Zulassungsstudien deutete sich an: Mounjaro mit dem Wirkstoff Tirzepatid lässt die Pfunde noch schneller schmelzen als Ozempic und Wegovy, die beide Semaglutid enthalten. Jetzt wurde die Wirksamkeit beider Substanzen direkt miteinander verglichen.


Als die Abnehmspritzen Wegovy und das Diabetes-Medikament Ozempic (beide mit dem Wirkstoff Semaglutid, jedoch unterschiedlich dosiert) vom Hersteller Novo Nordisk auf den Markt kamen, lösten sie einen regelrechten Hype aus. Gewichtsverluste von 15 Prozent innerhalb von 18 Monaten waren in der Zulassungsstudie erreicht worden. Seit Mounjaro von Eli Lilly mit dem Wirkstoff Tirzepatid erhältlich ist, gibt es eine Alternative. Eine Studie aus den USA verglich jetzt beide Spritzen bezüglich ihrer Wirkung. Beide Substanzen werden schon länger zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und seit einiger Zeit auch bei überge­wichtigen oder adipösen Menschen ohne Diabetes eingesetzt.

Schon die Zulassungsstudien von Mounjaro ließen erahnen, dass mit diesem ebenfalls gespritzten Medikament noch mehr Gewichtsverlust möglich ist, als während der Einnahme von Ozempic und Wegovy. Dies ist pharmakologisch begründet. Während Semaglutid ein reiner Agonist am GLP-1-Rezeptor ist, wirkt das sogenannte Twinkretin Tirzepatid zusätzlich auch am GIP-Rezeptor. "GIP" steht für "glucoseabhängiges insulinotropes Peptid". 

Was sind GLP-1-Rezeptoragonisten?


Tirzepatid und Semaglutid gehören zu den GLP-1-Rezeptoragonisten. Beide Wirkstoffe ahmen die Wirkung des körpereigenen Hormons GLP-1 nach. Im Gehirn wird mit ihnen der Impuls gesetzt, satt zu sein. Hungergefühle werden vermindert, Heißhungerattacken sind seltener und weniger stark, die Vorliebe für kalorienreiche Lebensmittel schwindet.

Ursprünglich wurden GLP-1-Rezeptor-Agonisten aus dem Gift der Gila-Krustenechse entwickelt. Die Gila-Krustenechse (Heloderma suspectum), ein im Südwesten Nordamerika lebendes Reptil, produziert ein giftiges Sekret, das sie zur Verteidigung verwendet. Forscher entdeckten jedoch, dass bestimmte Bestandteile dieses Gifts ähnliche Wirkungen wie GLP-1 haben können, wenn sie im Körper angewendet werden.

Studien-Teilnehmer mit und ohne Diabetes

Eine vergleichende Studie bestätigt dies nun. Ausgewertet wurden die Daten von über 18.000 übergewichtigen Erwachsenen mit einem durchschnittlichen Alter von 52 Jahren, das Startgewicht lag im Mittel bei 110 Kilogramm. Rund die Hälfte davon waren Menschen mit Diabetes Typ 2. Gemessen wurde, welcher Anteil mindestens 5, 10 oder 15 Prozent abnehmen konnte und wie sich das Gewicht nach drei, sechs und zwölf Monaten Therapie entwickelt hatte.

Minus 15 Prozent des Körpergewichts versus minus 8 Prozent nach einem Jahr

Insgesamt nahmen während der Behandlung mit Tirzepatid (Mounjaro) mehr Menschen ab und der Gewichtsverlust war größer. Rund 80 Prozent verloren innerhalb eines Jahres mindestens 5 Prozent ihres Körpergewichts. Bei Semaglutid schafften nur zwei von drei die Fünf-Prozent-Hürde. Eine Abnahme von 10 Prozent oder mehr verzeichneten unter Tirzepatid über 60 Prozent und unter Semaglutid 37 Prozent. 15 Prozent oder mehr schafften 42 Prozent mit Tirzepatid und 18 Prozent mit Semaglutid. Im Schnitt wogen die Teilnehmer der Tirzepatid-Gruppe nach einem Jahr rund 15 Prozent weniger, die der Semaglutid-Gruppe 8 Prozent. Die unerwünschten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall und Verstopfung war bei beiden Gruppen ähnlich.

Menschen mit Diabetes nahmen weniger ab

Bei dem Einsatz beider Medikamente zeigte sich, dass Menschen ohne Diabetes Typ 2 mehr abnahmen, als diejenigen mit Diabetes. „Die Gründe dafür sind unklar“, so die Wissenschaftler. Eine mögliche Ursache sei eine unterschiedliche Motivation abzunehmen. Eventuell ändern Menschen, die ausschließlich abnehmen wollen, mehr an ihrer Ernährung und bewegen sich mehr, als andere, bei denen die Spritze Teil ihrer regulären Behandlung des Diabetes ist.

Einsatz von niedrigen Dosierungen

Allerdings waren die verabreichten Dosierungen mit 5 mg Tirzepatid und 0,5 mg Semaglutid pro Woche auch deutlich niedriger, als die heute üblicherweise eingesetzten Mengen. Mittlerweile sind beide Wirkstoffe je nach Indikation in deutlich höherer Dosierung bis zu 15 mg Tirzepatid und bis zu 2,4 mg Semaglutid zugelassen.

Jeder zweite brach die Studie vorzeitig ab

Über die Hälfte der Teilnehmer brach die Behandlung jedoch vor dem Ende der Studie ab und zwar in beiden Gruppen. Dies ist deswegen bedenklich, weil bereits mehrere Studien gezeigt haben, dass es nach dem Absetzen zum Jojo-Effekt kommt und das Gewicht wieder steigt. Die Wirkstoffe müssten für einen anhaltenden Effekt lebenslang verwendet werden. Die Langzeitwirkungen sind noch unklar.