Gewichtsdiskriminierung

Umdenken bei Adipositas: Fat Shaming ist gesundheitsschädlich!

Menschen mit Adipositas werden sehr oft stigmatisiert. Auch in Arztpraxen findet sog. "Fat Shaming" statt. Das tut den Betroffenen nicht gut, kann ihrer Gesundheit schaden und dazu führen, dass das Gewicht weiter steigt.

Faul, unmotiviert und willensschwach - so lautet ein gängiges Vorurteil, das Menschen mit Adipositas oft entgegengebracht wird. Viele werden sogar ausgegrenzt und gemieden. Beim Arzt wird schnell jedes Leiden auf die überflüssigen Kilos geschoben. „Sie müssen abnehmen“, ist ein Satz, den vermutlich jeder Mensch mit hohem Körpergewicht schon des Öfteren vom Arzt gehört hat. Helfen tut dieser Hinweis jedoch nicht. Außerdem ist beileibe nicht für jedes Leiden und jede Krankheit, das Körpergewicht verantwortlich zu machen.

Beschwerden oft pauschal auf Körpergewicht geschoben

„Viele dicke Menschen berichten, dass ihre Beschwerden pauschal mit ihrem Gewicht in Zusammenhang gebracht werden“, wird Dr. phil. Friedrich Schorb vom Institut für Public Health der Universität Bremen im Deutschen Ärzteblatt zitiert. Der Soziologe forscht unter anderem speziell zum Thema Gewichtsdiskriminierung.

Die Folgen reichten von der nicht entdeckten Schilddrüsenunterfunktion bis zur über Monate hinweg als Diabetes behandelten unerkannten Schwangerschaft, so Schorb. „Die Vorstellung, hochgewichtige Menschen könnten ein aktives Sexleben haben, scheint für viele Ärztinnen und Ärzte offensichtlich abwegig oder es wird davon ausgegangen, dass sich bei hohem Gewicht automatisch Unfruchtbarkeit einstellt.“

Schuldzuweisungen richten Schaden an

Viele Ärzte arbeiten mit Schuldzuweisungen. Dazu die Diabetologin Dr. Verena Hollenrieder aus München gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt: „Dann fallen Sätze wie ‚Natürlich haben sie Diabetes, weil Sie ja zu dick sind‘. Wir sollten jedoch dicken Menschen Gesundheit anbieten und keine Schuldzuweisungen machen.“

Schuldzuweisungen und Vorurteile gegenübern Menschen mit Mehrgewicht - sog. "Fat Shaming" - führen nämlich oft dazu, dass die Gescholtenen noch weiter zunehmen. So zeigt beispielsweise eine Studie den Zusammenhang zwischen Vorurteilen gegenüber Menschen mit Adipositas und deren weiterer Zunahme an Gewicht. Die Auswertung ergab, dass die Diskriminierung nicht nur für eine schlechtere Lebensqualität sorgt, sondern auch dazu führt, dass Menschen Fitnessstudios meiden und sich weniger bewegen.

Natalie Rosenke von der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung dazu: „Wir machen in unserer Arbeit immer wieder die Erfahrung, dass eine Fokussierung auf das Körpergewicht auf lange Sicht weder dauerhaft den dünnen Körper herstellt noch zur Gesundheit hochgewichtiger Menschen beiträgt - eher im Gegenteil. Wir müssen die Gleichwertigkeit aller Körper verinnerlichen und dass die Menschenwürde bedingungslos gilt“.

Wunsch nach unvoreingenommener Ursachenforschung der Beschwerde

Hochgewichtige Menschen hätten im Umgang den gleichen Bedarf wie wohl fast alle Personen, die in eine Praxis kämen: Sie wünschten sich eine respektvolle, empathische Ansprache auf Augenhöhe, eine unvoreingenommene Ursachenforschung hinsichtlich ihrer Beschwerden und dass ihnen alle Therapiemöglichkeiten vorgestellt würden. „Sie wollen selbst entscheiden, welche für sie gangbar sind und welche nicht.“, so Rosenke.

Die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung fordert, dass Fokus der Gesundheit nicht auf dem Gewicht, sondern auf einer insgesamt gesunden Lebensweise liegen sollte. „Das wäre ein inklusiver Ansatz, mit dem viele Diskriminierungserfahrungen entfallen würden, die hochgewichtige Menschen im Bereich Gesundheit, Prävention und Pflege machen“, erklärt Rosenke.