Es hat sich über die vergangenen Monate immer weiter ergeben, dass unsere DIA-AID-live-Veranstaltungen weit über die niedersächsischen Landesgrenzen hinaus und auch bis ins deutschsprachige Ausland wahrgenommen werden. Dass sich allerdings die eingeladene Expertin von einem anderen Kontinent aus zuschaltet, ist bislang noch nicht vorgekommen.
Bei Michelle Schmidt war dies nun allerdings der Fall: Während Deutschland fest im abendlichen Griff von klirrendem Frost steckte, weilte sie in südamerikanischen Sommertemperaturen – und meldete sich im T-Shirt aus der Mittagsruhe von Ecuador. Und im Grunde stand allein dies schon beinahe symbolisch dafür, was die 26-Jährige als Fitness-, Ernährungs- und Diabetesberaterin so treibt. Zu ihren Leidenschaften zählen nämlich Kraftsport, Hunde, gutes Essen und Reisen um die Welt. Und genau dies auch anderen Menschen zu ermöglichen beziehungsweise sie dazu zu motivieren, ähnliches trotz oder mit Diabetes zu schaffen, sieht sie als ihre Mission an.
Lockerheit im Umgang
Michelle selbst „verdankt“ ihren – bisweilen „Typ 3c“ genannten – Diabetes einem, wie sie es nennt, „übermotivierten Pankreas“: Direkt nach der Geburt produzierte ihre Bauchspeicheldrüse unablässig und viel zu viel Insulin – und musste dem damals gerade mal zehn Tage alten Baby daraufhin entfernt werden. Seither ist Michelle also auf zugeführtes Insulin angewiesen. „Aber es ist schon so“, sagt sie, „dass der Diabetes mir ein neues Leben geschenkt hat.“ Es sei genau dieser Umstand, der ihr eine gewisse Lockerheit im Umgang mit der „Krankheit“ ermögliche. Und von dieser Lockerheit möchte sie nun etwas abgeben.
Dazu bietet Michelle individuelle Coachings an. Wie das genau passiert, dazu zeigte sie eine übersichtliche Präsentation. Kurz zusammengefasst lässt sich festhalten, dass Menschen mit Diabetes auf sie zukommen und ihr erklären, was sie in oder an ihrem Leben anders machen möchten. Michelle überlegt sich dann eine Strategie oder einen Plan, mit dem man sich dann in Video-Calls gemeinsam mit ihr stetig dem Ziel nähert. Dies könne, so berichtete sie, beispielsweise der Wunsch sein, wieder entspannter auswärts essen zu gehen, ab- oder auch zuzunehmen – oder sorgenfreier Sport treiben zu können. Als Grundsatz gehört bei Michelle dazu, die Time in Range oder Zeit im Zielbereich „nicht zu hochzuhängen, sondern die Lebensqualität in den Fokus zu stellen.“
Ungezwungener Austausch
Im Anschluss an die Präsentation ergab sich dann – mutmaßlich auch ein wenig von Michelles lässigem Naturell beeinflusst – ein sehr ungezwungener und humorvoller, aber sehr informativer Austausch zwischen den knapp 70 Teilnehmenden des virtuellen Selbsthilfetreffens. Unter anderem ging es dabei um die nach allzu vielen Ad-hoc-Zuführungen von vielen als ungenießbar empfundenen Quetschies, Gummibärchen und Glukosegelen – und den aus dem Kreis der Teilnehmenden kommenden und kulinarisch eher herausfordernd klingenden Hinweis, dass Traubenzucker nach einem Durchlauf in der Waschmaschine deutlich aromatischer sei.
Einen sehr anschaulichen Tipp hatte Michelle in jedem Fall noch zur verzögerten Insulinabgabe vor dem Hintergrund von Fett in der Paarung mit Kohlenhydraten parat. „Stellt euch eine trockene Scheibe Brot vor, die gegen eine Scheibe fliegt“, erklärte sie. Die würde mit ihrer Ladung an Kohlenhydraten daraufhin ja direkt herunter – und damit quasi in den Blutzucker – fallen. „Wenn da jetzt aber eine ordentliche Portion Butter auf der Scheibe ist, bleibt sie zunächst einmal an der Scheibe kleben, rutscht dann erst ganz langsam herunter und wirkt entsprechend auch später.“