Typ-1-Diabetes und Leistungssport? Klar geht das! Beispiele aus Deutschland gefällig? Los geht‘s: Alexander Zverev ist Olympiasieger im Tennis, Matthias Steiner im Gewichtheben. Timur Oruz ist seit diesem Jahr Hockey-Weltmeister, Fußballerin Sandra Starke gewann mit dem VfL Wolfsburg 2022 die deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal.

Aber auch für diejenigen Menschen mit Diabetes, die nicht unbedingt gleich den internationalen Wettbewerb im Blick haben, sondern „nur“ ein aktives sportliches Leben führen möchten, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Menge getan. Noch in den 1990er Jahren wurde die Kombination aus Diabetes und Sport von vielen Medizinerinnen und Medizinern äußerst kritisch gesehen, Motto: „Geht nicht.“ Dass sich diese Wahrnehmung mittlerweile zu einem „Geht nicht – gibt‘s nicht!“ gewandelt hat, ist zu einem Großteil der Diabetesberaterin und Sportlehrerin Ulrike Thurm zu verdanken.

Fahrradtour von Mainz nach Düsseldorf

1985 hatte Ulrike die Diagnose Diabetes Typ 1 bekommen, 1990 widerlegte sie direkt mal mit einer spektakulären Aktion die gängigen Vorurteile: Mit 20 Personen startete sie zu einer Nonstop-Fahrradtour von Mainz nach Düsseldorf, wo passenderweise gerade ein WHO-Kongress zum Thema „Diabetes und Sport“ stattfand – insgesamt gut 230 Kilometer! „Los ging es nachts um 23 Uhr“, erzählt sie, „angekommen sind wir dann am darauffolgenden Nachmittag. Die Professorinnen und Professoren haben ihren Augen nicht getraut, als wir da lebendig, gut gelaunt und ohne Stoffwechselentgleisung ankamen!“

Die Fahrradtour markierte dann auch die Gründung der deutschen Sektion der International Diabetic Athletes Association (IDAA). Das Ziel: Coaching, Vernetzung, Rat und Tat für alle sporttreibenden Menschen mit Diabetes – und zwar ganz gleich in welcher Sportart und auf welchem Leistungsniveau. Und das mit Erfolg: Viele der früheren Lehrmeinungen gelten heutzutage auch durch die Arbeit der IDAA als überholt; Bewegung wird stattdessen als Gewinn an Lebensqualität und – durch einen verbesserten Stoffwechsel – als Beitrag zur Verringerung des Risikos von Folgeerkrankungen angesehen. Ulrike, die mit dem Diabetologen Bernhard Gehr unter anderem auch die „Diabetes- und Sportfibel“ geschrieben hat, bekam für ihr ehrenamtliches Engagement rund um das Themenfeld „Diabetes und Sport“ im vergangenen Jahr sogar das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Therapieanpassung beim Sport

Bei ihrem hybriden Online-Vortrag, den sie am Sonntag, 3. September, um 10 Uhr im Rahmen unseres Typ-F-Wochenendes in Oldau halten wird, geht Ulrike besonders auf die Therapieanpassung beim Sport ein. Dabei hat sie auch die aktuellen AID-Systeme im Blick. „In naher Zukunft werden AID-Systeme die Standard-Therapie bei Typ 1 sein“, sagt die Expertin. „Aber auch da müssen die Menschen natürlich selbst Hand anlegen. Das System weiß schließlich nicht, dass der Mensch sich gleich ordentlich bewegen wird. Und was man dann machen muss, ist ja nicht bei jedem AID-System gleich.“

Gemeinsam mit dem bereits erwähnten Bernhard Gehr hat Ulrike für die VDBD-Akademie acht Kurzvideos zum Thema AID-Systeme für Gesundheitsfachkräfte aber auch Anwenderinnen und Anwender produziert, die einen hervorragenden Einstieg in die Materie bieten. In den ersten vier Modulen geht es dabei um Grundlagen, (falsche) Erwartungshaltungen und Basics zu CGM-Sensoren und Insulinpumpen. In den Modulen fünf bis acht bieten Infos zu den in Deutschland verfügbaren AID-Systemen. In einer angeschlossenen Sektion mit Bonusmaterial finden sich darüber hinaus detaillierte und sehr übersichtlich je nach System dargelegte Maßnahmen zur Therapieanpassung beim Sport.

„Mit guter Planung und viel Wissen über die Therapieanpassung kann man sportlich auch mit Diabetes alles erreichen“, sagt Ulrike zum Abschluss. Wir sind gespannt auf ihren Vortrag!