Aktuell aus dem Deutschen Ärzteblatt

Pro & Contra Low-Carb-Ernährung aus Sicht von Oecotrophologen

Wenn es um das Thema Low-Carb-Diäten geht, schlagen die Emotionen hoch. Low Carb mit wenig Kohlenhydraten oder sogar eine ketogene Ernährung mit kaum Kohlehydraten? Oder ist das alles Quatsch?

Wir berichteten vor einigen Tagen hier über die Forderung von vielen Seiten, Kohlenhydrate sollten im Rahmen einer gesunden Gewichtsabnahme deutlich reduziert werden. Auch bei der Entstehung von Diabetes Typ 2 scheinen demnach Reis, Nudeln und Brot eine Rolle zu spielen.

Unter unseren Lesern zeigte sich eine spürbare Skepsis gegenüber kohlehydratreduzierten Ernährungsformen zur Gewichtsreduktion, wie wir in Ihren zahlreichen Kommentaren lesen konnten. Deswegen möchten wir Ihnen hier ein „Pro und Contra Low Carb“ von zwei Ernährungswissenschaftlern aus dem renommierten Deutschen Ärzteblatt (1) nicht vorenthalten.

Grund des Aufflammens der Debatte über Kohlenhydrate war die Auswertung einer großen Studie (2), die zeigte, dass Low-Carb-Diäten eine sehr gute Methode darstellen, das Gewicht zu reduzieren. Doch diese Daten überzeugen nicht alle Ernährungswissenschaftler, weil Low Carb einen Einfluss auf das Cholesterin haben kann (3).

Pro: Hilft bei der Gewichtsabnahme und steigert die Insulinsensitivität

Dr. med. Stephan Jacob ist Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie und gleichzeitig Ernährungswissenschaftler. Seit 2006 ist Jacob als niedergelassener Arzt in privater Praxis tätig. Außerdem ist er Leiter der Arbeitsgruppe Kardio-Metabolische Versorgungsforschung am Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der TU München und Mitglied in zahlreichen Fachgesellschaften.

Im Deutschen Ärzteblatt vom 21. Januar 2019 spricht er sich klar für eine Low-Carb-Ernährung aus. So würden sich sowohl die Cholesterin, als auch die Blutfette deutlich bessern. Jacob: „Insgesamt bessert sich unter Low-Carb-Diäten zusätzlich zur Gewichtsreduktion die Insulinsensitivität, die Hyperinsulinämie, der Blutdruck, die Entzündungsparameter ... alles bekannte vaskuläre Risikofaktoren. Vermutlich wird eine Kohlenhydratreduktion bei Patienten mit metabolischem Syndrom und Typ-2-Diabetes noch deutlichere Effekte haben, da insbesondere für den Glukosestoffwechsel weniger Insulin benötigt wird.“ Ferner geht Jacob davon aus, dass auch das Herz von dieser Ernährungsumstellung profitieren wird. Studien hierzu fehlen jedoch leider.

Contra: LDL-Cholesterin kann steigen, wenn zu viele gesättigte Fettsäuren verzehrt werden

Prof. Dr. med. Stephan Lorkowski, Ernährungsexperte der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist anderer Meinung. „Viele Wege führen nach Rom – und es spricht viel dafür, dass der Kohlenhydratanteil in der Nahrung stark variieren kann, solange die Qualität der Kohlenhydrate ausreichend hoch ist“, wird Lorkowski im selben Artikel zitiert.  Diese „Flexibilität“ verwundere aus evolutionsbiologischer Sicht nicht, musste die Ernährung doch zunächst nur den Bedarf an Energie und unentbehr­lichen Nährstoffen decken, um Überleben und Fort­pflanzung zu sichern. Lorkowski weiter: „Erst angesichts der gestiegenen Lebenserwartung zeigt sich der Zusatznutzen in der langfristig positiven Wirkung einer vollwertigen Ernährung. Diese kann fettmoderat und kohlenhydratbetont, fettarm und kohlenhydratreich, aber auch kohlenhydratarm sein, sofern man sich ausreichend mit Ballaststoffen und unentbehrlichen Nährstoffen versorgt, nicht zu viel gesättigte Fettsäuren und Transfettsäuren zuführt, wenig raffinierte Stärke und zugesetzten Zucker verzehrt, dazu Protein aus bevorzugt pflanzlichen Quellen statt aus Fleisch isst und den Energiebedarf beachtet. Man kann also sowohl mit einer sehr fettarmen als auch sehr kohlehydratarmen Ernährung abnehmen. Bei einer kohlehydratarmen Diät ist es aber entscheidend, dass dann statt Brot und Nudeln nicht mehr Wurst und Butter gegessen wird. Dazu Lorkowski: „Es ist zwar attraktiv, aber naiv zu glauben, dass allein eine Änderung der Relation von Kohlenhydraten und Fetten ausreicht. Es kommt vielmehr auf deren ernährungs­physiologische Qualität und vor allem die Energiebilanz an.“

 

https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=100250&s=diabetes

https://academic.oup.com/nutritionreviews/article-abstract/77/3/161/5241079?redirectedFrom=fulltext

https://www.ahajournals.org/doi/abs/10.1161/CIRCRESAHA.118.314038