Diabetes aus Patientensicht

Buchrezension: "Meine Zufriedenheit ist nicht von einer Diagnose abhängig.“

Bücher von Menschen mit Diabetes für Menschen mit Diabetes gibt es wenig. Rainer Lammers wollte das nach seiner LADA-Diagnose nicht einfach stehen lassen und hat sich daran gemacht, diesem Umstand abzuhelfen. Herausgekommen ist ein hilfreiches und authentisches Buch irgendwo zwischen Erfahrungsbericht und Ratgeber.


Die Diagnose „Diabetes“ ereilte Rainer Lammers im denkbar unwahrscheinlichsten Moment. Mit viel Selbsterkenntnis, Sport und Selbstdisziplin hatte er gerade etliche Kilos abgenommen, als er sich plötzlich mit einem Blutzuckerwert von 600 mg/dl in einem Krankenhaus wiederfand. Diagnose: LADA. Eine spezielle Form von Diabetes Typ 1, der ausschließlich bei älteren Menschen auftritt und sich in den Symptomen zunächst oft wie ein Diabetes Typ 2 verhält (s. Kasten).

Was ist "LADA"?

Die Abkürzung LADA steht für die englische Bezeichnung „Late onset (oder auch: latent) autoimmune diabetes in adults“, dt. = „spät einsetzender (bzw. ‚dauerhafter‘) Autoimmun-Diabetes bei Erwachsenen“).

LADA ist eine spezielle Form von Typ1-Diabetes, die oft im Erwachsenenalter auftritt und zunächst ähnliche Symptome wie Typ-2-Diabetes aufweist. LADA ist jedoch eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört.

Menschen mit LADA benötigen Insulin zur Behandlung. LADA wird aber oft mit Typ-2-Diabetes verwechselt. Es ist jedoch wichtig, LADA richtig zu diagnostizieren, da die Behandlungsmethoden unterschiedlich sind.

Die Ursachen für LADA sind nicht vollständig verstanden, aber es wird angenommen, dass genetische Faktoren sowie Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Die Behandlung umfasst in der Regel eine Kombination aus Insulintherapie und möglicherweise anderen Medikamenten zur Blutzuckerkontrolle.

Menschen mit LADA müssen ihren Blutzuckerspiegel regelmäßig überwachen und ihren Lebensstil anpassen, um mögliche Komplikationen zu vermeiden. Frühzeitige Diagnose und angemessene Behandlung sind entscheidend, um die Lebensqualität zu verbessern und das Risiko von Folgeerkrankungen zu verringern.

Von der Diagnose zum Selbstmanagement

Lammers ist ein eifriger Tagebuchschreiber und gleichzeitig interessiert, sich seiner neuen Lebenssituation mittels Literatur von Betroffenen zu nähern. Dabei stellt er fest, dass es im Grunde keine Erfahrungsbücher von Menschen mit Diabetes für Menschen mit Diabetes gibt. Da der sportliche Mann aus Maria Enzersdorf in Österreich eine Begabung fürs und einen Hang zum Schreiben hat, nimmt er die Sache selbst in die Hand: Er schreibt ein Buch über Diabetes.

Was ist dabei herausgekommen? Das schlicht „Diabetes“ betitelte Werk des Autors schildert zunächst sehr anschaulich und eindrücklich den Weg von der Diagnose zum Selbstmanagement der Krankheit und geht dann ausführlich auf die häufigsten Begleiterscheinungen und Folgekrankheiten ein. Auch Ernährung und Psyche kommen nicht zu kurz. Man merkt dem Buch an, dass der Autor sich sehr umfassend informiert hat.

Selbsterkenntnis und Ermutigung

Lammers hat sich durch die Beschäftigung mit seiner Erkrankung selbst zum Diabetesexperten gemausert, was durch die Brille von Selbsthilfeaktiven sehr ermutigend zu lesen ist. Statt eine Selbsthilfegruppe zu gründen, hat der sprachgewandte Österreicher ein Buch geschrieben, welches jedem Neudiagnostizierten, der bereit ist, die rund 200 Seiten zu lesen, wärmstens empfohlen sei. Aber auch Menschen, die ihren Diabetes schon länger managen, können aus dem Buch sicher noch die ein oder andere Erkenntnis ziehen.

Der Erfahrungsbericht, der sich Seite für Seite mehr und mehr zu einem Ratgeber und Inspirationswerk entwickelt, passt im Grunde auf jede Art von Diabetes, da sehr umfassend auf nahezu alle Aspekte rund um die Krankheit eingegangen wird und es viel um innere Motivation, Selbsterkenntnis und Ermutigung geht. Im Kern beschäftigt sich das Buch aber mit den Problematiken, die vor allem Menschen betreffen, die eine intensivierte Insulintherapie (ICT) benötigen.

Der Autor

Rainer Lammers arbeitet Vollzeit in einem Bürojob und verbringt seine Freizeit gern mit vielfältigen sportlichen Aktivitäten. Am Liebsten zusammen mit seiner Frau Evelyn und seiner Hündin Tinka. Daneben findet er vor allem morgens auch noch Zeit für das Schreiben. Lammers hat für sich und seinen Alltag außergewöhnliche Routinen entwickelt, die ihm nicht nur helfen seinen Diabetes bei hoher Lebensqualität zu managen, sondern auch sonst sein Wohlbefinden zu steigern. Im Austausch mit dem Mann aus Maria Enzersdorf in Österreich merkt man, dass er lange Prozesse der Selbsterkenntnis und Persönlichkeitsreflexion hinter sich hat. Seine Sprache ist knapp und pointiert, dabei aber trotzdem gedankenreich. Ein Mensch mit der Gabe, seine Gedanken schnell in Worte zu fassen, die auch Außenstehende gut nachvollziehen können.

Zu seinem Buch "Diabetes" schreibt er:  "In dem Buch geht es mir darum, Mut zu machen. Egal welche Herausforderung auch auf dem Weg liegt, man sollte sich nicht durch die Diagnose Diabetes in eine innere Irre führen lassen. Vor allem wir Diabetiker müssen aktiv sein und uns ständig aufs Neue hinterfragen. Aktivität bedeutet für mich einerseits, meine Gedankenwelt immer wieder aufs Neue aufzubrechen und andererseits viel Zeit in der Natur zu verbringen, um zu wandern. Die Folge daraus: Geistige und körperliche Bewegung lassen mich mein Leben mit großer Zufriedenheit erleben."

Verständlich ohne oberflächlich zu sein

Sprachlich stellt das Buch wenig Hürden auf. Im Gegenteil: Lammers versteht es sich prägnant mit wenig Nebensätzen und Verschachtelungen auszudrücken, dabei aber nie oberflächlich zu sein. Kritisch könnte man anmerken, dass er das ein oder andere Mal etwas zu viel reflektiert. Dies kann man aber als persönliche Stilnote auch liebgewinnen.
 
Das einzige wirkliche Problem des Buches ist, dass Lammers bereits als Mensch mit einem hohen Maß an Selbsterkenntnis in den Diabetes startet, da er sich vorher schon intensiv mit seinem Körper und seinem Wohlbefinden auseinandergesetzt hat. Viele Neudiagnostizierte haben schlechtere Startbedingungen und müssen sich beim Lesen darauf einlassen, dass stete Optimierung und Reflexion Teil des Charakters des Autors sind und Sport und Bewegung auch vorher schon Teil seines Alltages waren. Dies könnte den ein oder anderen eventuell entmutigen, da er sich selbst nicht mit der Gedankentiefe und den Routinen des Autors identifizieren kann.

Fazit: Empfohlen

Dennoch ist „Diabetes“ ein mehr als gelungenes Buch im Eigenverlag. Es liest sich gut, ist authentisch aus Patientensicht geschrieben, enthält viele wichtige Informationen, die Ärzte und Industrie nicht bieten können. Lammers polarisiert auch mal, ist aber immer differenziert und reflektiert dabei. Ein reichhaltiges Werk, welches wir besten Gewissens empfehlen können.

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Erschienen ist das Buch „Diabetes“ im Jahr 2024 im Eigenverlag (ISBN: 979-8879231328) und kostet € 17,89- gedruckt oder € 9,99- im Kindle-Format.

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