Erwachsen werden mit Diabetes Typ 1

Abschied vom Kinderdiabetologen führt häufig zum Abbruch der ärztlichen Betreuung

Rund 2.000 junge Menschen mit Diabetes Typ 1 werden jährlich erwachsen und verabschieden sich damit von ihrem Kinderdiabetologen. Nicht alle werden im Anschluss gleichbleibend gut betreut.

Der Übergang vom Kinderarzt zu einem Arzt für Erwachsene ist ein kritischer Moment im Leben von jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes. Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) schaffen rund zehn bis vierzig Prozent den Übergang zu einem Facharzt für Erwachsene nicht. Dabei sind eine ärztliche Begleitung und eine regelmäßige Anpassung der Therapie gerade in diesem Alter besonders wichtig.

Junge Erwachsene mit Typ-1-Diabetes übernehmen die Verantwortung für ihre Diabetestherapie jetzt weitgehend selbst. Gleichzeitig genießen sie die neuen Freiheiten und vernachlässigen manchmal ihren Diabetes. Die erste eigene Wohnung, Partnerschaft, Studium, Beruf - viele Veränderungen im Leben lassen die Erkrankung oft in den Hintergrund treten. Nach der langjährigen persönlichen Bindung an den Kinderdiabetologen läuft der Wechsel in eine internistische Diabetesschwerpunktpraxis nicht immer reibungslos ab.

Insulinpumpen und Glukosesensoren in der Kinderdiabetologie weiterverbreitet als bei Erwachsenen

Ein weiteres Problem wird in den letzten Jahren immer offensichtlicher. Bei Kinderdiabetologen sind moderne sensorgesteuerte Insulinpumpensysteme zur Glukosekontrolle Alltag und häufig im Einsatz. In der Behandlung von Erwachsenen ist dies nicht überall der Fall. Nicht in allen Praxen ist man mit den modernen Technologien vertraut. Die DDG fordert deswegen flächendeckend qualifizierte Versorgungsangebote im Umgang mit den modernen automatischen Insulindosierungen für alle Arztpraxen, die Diabetiker betreuen.

„Im Prinzip erhalten Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes die gleiche Therapie wie Erwachsene – nämlich eine Stoffwechselstabilisierung mithilfe von Insulin, die auf die Ernährung und körperliche Aktivität abgestimmt ist“, so Prof. Dr. med. Andreas Neu, Präsident der DDG. Leider seien jedoch die neuen Technologien, wie Insulinpumpen und Glukosesensoren unter Kinderdiabetologen viel verbreiteter als bei Diabetologen für Erwachsene, schildert Neu.

Insulinpumpen von Erwachsenen viel seltener genutzt als von Kindern

Über 90 Prozent der Kinder unter sechs Jahren nutzen die modernen Diabetestechnologien. Auch bei älteren Kindern und Jugendlichen sind diese Technologien zur täglichen Kontrolle des Stoffwechsels weit verbreitet. Im Gegensatz dazu beträgt der Anteil der betroffenen Erwachsenen über 20 Jahre mit eine Insulinpumpentherapie unverändert lediglich 20 bis 30 Prozent.

Moderne Systeme ahmen die natürliche Funktion der Bauchspeicheldrüse nach, in dem die Glukosemessung und Insulinabgabe teilautomatisch erfolgt. Damit ist die Einstellung der Glukose genauer und länger pro Tag im Zielbereich. Schwankungen im Stoffwechsel werden damit effektiv verringert, vor allem nachts. Zahlreiche Studien belegen den Vorteil dieser Technologien. Voraussetzung ist aber eine umfassende Schulung der Nutzer auch dahingehend, um in kritischen Situationen richtig reagieren zu können.

Aktuell gibt es noch zu wenige Behandlungseinrichtungen und Praxen für Erwachsene, die mit den modernen Technologien vertraut sind. Je nach Wohnort kann es schwierig werden, eine medizinische Betreuung zu finden, die so modern ist, wie die beim Kinderdiabetologen.

Neue Technologien erfordern geschulte Ansprechpartner

Junge Erwachsene müssen jetzt die Verantwortung für ihre Erkrankung selbst übernehmen und lernen, mit den neuen Systemen klarzukommen, falls dies noch nicht der Fall ist. Dazu Neu: „Dieser sensible Prozess ist sehr störanfällig. Hier verlieren wir immer noch zu viele Betroffene. Oft kommen sie erst wieder in eine diabetologische Praxis, wenn sich diabetesbezogene Folgen eingestellt haben, die vermeidbar gewesen wären.“ Wichtig ist, dass qualifizierte Einrichtungen für erwachsene Diabetiker niederschwellig erreichbar sind. Die aktuelle Versorgung sei in der Summe zwar gut, in der Fläche und im Detail jedoch sehr ungleich verteilt, so ein Sprecher der DDG.