Stoffwechselerkrankung kein Hindernis für Leistungssport

Profisport bei Diabetes Typ 1? Kein Problem!

Tennisprofi Alexander Zverev ist seit seiner Kindheit an Diabetes Typ 1 erkrankt und schaffte es an die Weltspitze, Gewichtheber Matthias Steiner mit derselben Diagnose bereits im Jahr 2008. Hockey-Weltmeister Timur Oruz hat Diabetes und spielt in der deutschen Nationalmannschaft. Einer erfolgreichen Karriere im Profisport steht Typ-1-Diabetes nicht im Weg.

Muss ich meinen Leistungssport aufgeben wegen der Diagnose Diabetes? Oder kann ich trotz dieser chronischen Stoffwechselerkrankung mit intensivem Sport anfangen oder sogar eine Profikarriere ansteuern? Ja, betont die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Erfolgreiche Profisportler aus verschiedenen Disziplinen wie Fußball, Boxen, Tennis, Leichtathletik, Gewichtheben etc. haben es vorgemacht - Diabetes Typ 1 ist kein Hindernis für eine Karriere im Leistungssport. Im Gegenteil, sowohl Menschen mit Diabetes Typ 1 als auch solche mit Typ 2 profitieren von Sport.

Durch regelmäßigen Sport verbessert sich der Stoffwechsel und das Risiko von Folgeerkrankungen von Diabetes sinkt. Trotzdem meiden viele Menschen mit Typ-1-Diabetes sportliche Aktivitäten, aus Angst vor Unterzucker und Schwankungen des Stoffwechsels.  „Moderne sportwissenschaftliche und diabetologische Erkenntnisse sowie pharmakologische und technologische Entwicklungen bilden jedoch eine gute Grundlage, um sicher Sport auszuüben“, macht der Dr. med. Stephan Kress aus Landau in der Pfalz Mut. Der Diabetologe rät allen sportlich Interessierten, Unterstützung bei qualifizierten Diabetesteams und in der Sporttherapie zu suchen. Die Arbeitsgemeinschaft „Diabetes, Sport & Bewegung“ der DDG informiert, unterstützt und begleitet sowohl Sporttreibende selbst als auch medizinisches Fach- und Trainingspersonal.

„Sehr hohes Leistungsniveau erreichbar“

Beim Freizeitsport steht neben der Stoffwechselregulation eher Freude und Entspannung im Vordergrund. Profisport zeichnet sich durch ein hohes Leistungsniveau aus. „Leistungssport als Beruf erfordert ein hohes Maß an Hingabe und Disziplin“, sagt Ulrike Thurm, Diabetesberaterin und Sportlehrerin aus Berlin. „Vor allem Menschen mit Diabetes Typ 1 verlangt Profisport nochmal deutlich mehr ab als Freizeitsport. Sie können aber auch trotz der Stoffwechselerkrankung sportlich ein sehr hohes Leistungsniveau erreichen“, so die Erste Vorsitzende der „IDAA Deutschland – Vereinigung diabetischer Sportler“ aus ihrer Beratungstätigkeit. „Wichtig ist, dass sie sensibel auf die besonderen Bedingungen von beispielsweise Wettkämpfen, intensiven Trainingsperioden oder vermehrten Reisen achten, denn damit einhergehender Stress oder Unregelmäßigkeiten im Tagesablauf sowie im Ernährungsverhalten muss bei der Insulintherapie berücksichtigt werden.“

Lange schien Profisport bei Diabetes Typ 1 unmöglich

Dass Profisport und Diabetes Typ 1 vereinbar sind, schien lange Zeit ausgeschlossen. Noch in den 1980er und 1990er Jahren wurde Sport für Menschen mit Typ-1-Diabetes kritisch betrachtet. „In einer DDG-Leitlinie aus Anfang der 1980er Jahre wurde noch geraten, nur allein, in Innenräumen, immer zur gleichen Uhrzeit und mit der gleichen Intensität Sport zu betreiben“, erinnert sich Ulrike Thurm.

Der Gewichtheber und Olympiasieger von 2008 Matthias Steiner erinnert sich: „Als ich mit 17 Jahren die Diagnose Diabetes erhielt, rieten mir die Ärzte sofort, das Gewichtheben und Leistungssport aufzugeben. Heute weiß man, dass gerade intensives Krafttraining einen erheblichen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat und jedes zusätzliche Prozent mehr Muskelmasse für eine Reduzierung der Insulinresistenz sorgen kann. Daher mache ich nach wie vor Krafttraining, um genug Muskelmasse zu haben.“

Initiative „Challenge-D“ betreut Leistungssportler

Tennis-Star Alexander Zverev, der seit seinem 4. Lebensjahr mit Diabetes Typ 1 lebt, wurde in seiner Jugend mit dem Vorurteil konfrontiert, nie Profisportler werden zu können. Gleiches erzählt auch Sandra Starke, Mitglied der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft, die zum Zeitpunkt ihrer Diabetes-Diagnose 24 Jahre alt war. Sie war ebenfalls zunächst ratlos, ob das weiterhin möglich sei: „Das mich behandelnde Diabetesteam kannte sich zwar gut mit Breiten- und Freizeitsport aus, hatte aber keine Erfahrung mit Profisportlern.“

Zu diesem Zeitpunkt nahm Starke den Kontakt zum Projekt „Challenge-D“ und Ulrike Thurm auf. Das Projekt von Prof. Dr. med. Othmar Moser und der sportmedizinischen Hochschule Bayreuth unterstützt Athleten sowie ihre betreuenden Diabetesteams, indem sie eine Schnittstelle zwischen der diabetologischen Therapie und der sportlichen Seite bildet. „Wir kennen die Anforderungen und Besonderheiten, mit denen Profisportlerinnen und -sportler mit Diabetes Typ 1 konfrontiert sind“, berichtet Thurm. „Im telemedizinischen Konsil werden mit Hilfe von Datenanalyse die CGM-Profile gemeinsam mit den Sportlern ausgewertet, interpretiert und die Therapie angepasst.“