DIA-AID live

Kinder mit Diabetes Typ 1: "In jedem einzelnen Fall um den Pflegegrad 2 kämpfen!“

Die Praxis stark beanspruchter Eltern zeigt eigentlich, dass Kindern mit Diabetes der Pflegegrad 2 zusteht. Bei unserem DIA AID live mit Steuerberaterin und Typ-F-Mutter Kerstin Ecke wurde jedoch deutlich, dass es leider viel zu häufig ablehnende Bescheide gibt, es aber auch lohnt dagegen zu kämpfen.

Pflegegeld oder Kostenübernahmen für Verhinderungspflege: Die Leistungen, die betreuungsbedürftigen Menschen mit einem anerkannten Pflegegrad 2 zustehen, sind deutlich umfangreicher als bei Pflegegrad 1. Allerdings – so lehrt es die Praxis und so zeigte es sich auch an vielen von den rund 100 Teilnehmenden beim jüngsten DIA-AID live vorgebrachten Beispielen – ist es für Eltern von Kindern mit Diabetes gar nicht so einfach, entsprechend von einem Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) eingestuft zu werden. Dabei ist der Anspruch angesichts des entstehenden Aufwandes für Menschen mit Kenntnis der Materie augenscheinlich.

Definitiv Widerspruch einlegen

Das Prüfverfahren durch den MD sei undurchsichtig und offensichtlich auch uneinheitlich, stellte Arnfred Stoppok, Landesvorsitzender der Diabetiker Niedersachsen, fest. So werde der Pflegegrad 2 bei Kindern mit denselben Grundvoraussetzungen mal gewährt – und mal eben nicht. Böswillige Willkürlichkeit wolle er dabei nicht unterstellen, aber es sei schon bemerkenswert, wie sehr die Entscheidungen vom einzelnen Gutachter abhängen.

Trete ein solcher Fall ein, so machte die aufgrund der mit ihrem eigenen Sohn (durch-)gemachten Erfahrungen in dieser Thematik sehr versierte Kerstin Ecke den Teilnehmenden der digitalen Selbsthilfeveranstaltung Mut, sollten sich Eltern keinesfalls damit abwimmeln lassen, sondern definitiv (fristgerecht!) Widerspruch einzulegen und nötigenfalls den Gang vor Gericht nicht scheuen. Auch wenn dies mit Kosten verbunden sei, müsse man doch sehen, dass der Nutzen im Endeffekt diese Kosten – und auch den damit verbundenen Aufwand – wieder wettmache.

Hilfe könnten an dieser Stelle der Sozialverband VdK Deutschland oder der Sozialverband Deutschland (SoVD) leisten. Noch besser seien aber auf diese Thematik spezialisierte Anwälte.

Gute Begründung die halbe Miete

Grundsätzlich gelte es, das Gutachten genau zu studieren und zu schauen, wie und wo der Gutachter des MD Punkte vergeben habe und wo nicht. Als nützliche Hilfe verwies Kerstin Ecke auf die Website mein-pflegegrad-rechner.de: Hier lassen sich die einzelnen Module anzeigen. Wenn man nun die entsprechenden Kategorien markiert, zeigt die Website die Punkte an, die dafür angerechnet werden. So könne man sich einen Überblick verschaffen, wo und wie die benötigte Schwelle von 27 Punkten für Pflegegrad 2 erreicht werde.

In der Begründung des Widerspruchs – die übrigens auch nach der Frist nachgereicht werden kann! – müsse man dann sehr genau argumentieren: „Letztlich sind es ja Menschen, die das lesen und auf dieser Grundlage auch entscheiden“, so Kerstin Ecke. Mit anderen Worten: Je überzeugender Eltern es schafften, darzulegen, warum und wann ein Kind in bestimmten Situationen eben doch auf spezielle Unterstützung angewiesen sei, desto wahrscheinlicher sei der Erfolg des Widerspruchs.

 

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Leistungsanspruch gilt rückwirkend

Darüber hinaus wies Kerstin Ecke darauf hin, Pflegegrad-Anträge nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern möglichst schnell zu handeln: „Maßgeblich ist das Datum der Antragstellung“, betonte sie. Der Leistungsanspruch gelte dementsprechend nicht erst ab der Gewährung eines Pflegegrads, sondern eben auch rückwirkend.

Insgesamt gelte es, möglichst viel dafür zu tun, dass die Einstufung in Pflegegrad 2 für Kinder mit Diabetes eine Selbstverständlichkeit werde. Und dabei helfe mittel- und langfristig jeder positive Entscheid – auch wenn er mit Zeit, Mühe und Nerven erstritten werde. Oder wie es Arnfred Stoppok formulierte: „Wir müssen in jedem einzelnen Fall um den Pflegegrad 2 kämpfen!“

 

Materialien zum Vortrag

Kerstin Ecke hat uns, wie im Vortrag versprochen, Materialien zur Hilfe bei einer Antragsstellung zur Verfügung gestellt. In dem verlinkten Archiv findet Ihr eine beispielhafte (anonymisierte) Widerspruchsbegründung, einen Musterwiderspruch und Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit mit helfenden Anmerkungen.

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