Studienlage Prädiabetes

Gesunder Lebensstil und Metformin zögern Diabetes um Jahre hinaus

Vor allem Jüngere und Menschen mit erhöhtem Risiko für Typ-2-Diabetes profitieren von einer Veränderung des Lebensstils und der Einnahme des Medikaments Metformin. Bis zu dreieinhalb Jahre später entsteht dann aus Prädiabetes erst Diabetes.


Rund einer von vier Menschen mit Prädiabetes entwickelt innerhalb von fünf Jahren Typ-2-Diabetes. Zehn Jahre später liegt der Anteil bei etwa der Hälfte. Diese Entwicklung ist aber nicht unausweichlich. Eine Änderung des Lebensstils und die frühzeitige Einnahme des Medikaments Metformin können die Entwicklung von Diabetes weiter hinauszögern, wie eine Langzeitstudie zeigt. Unter einem guten Lebensstil versteht man regelmäßig Bewegung, gesunde Ernährung und ein möglichst gesundes Körpergewicht.

Vor allem Frauen profitieren

Teilnehmer der Nachbeobachtung einer Studie aus dem Jahr 2002 waren über 3.000 Erwachsene mit Prädiabetes. Die Ergebnisse zeigen, dass die Maßnahmen unterschiedlich stark schützen, je nach Alter, Risikoprofil und Geschlecht. Vor allem Frauen, die während der Schwangerschaft an Gestationsdiabetes gelitten hatten, profitieren von Änderungen im Lebensstil. Nicht nur der Ausbruch von Diabetes kann hinausgezögert werden, auch die Lebensqualität vor allem von Frauen steigt, weil es unter anderem später und seltener zu den für Diabetes typischen Problemen mit Augen und den Nieren kommt.

Was ist Prädiabetes?


Prädiabetes ist ein Vorstadium von Diabetes Typ 2, bei dem die Blutzuckerwerte bereits erhöht sind. Der Nüchternblutzucker liegt dann zwischen 100 und 125 mg/dl. Die Glukosetoleranz ist gestört und der Wert für Blutzucker liegt nach zwei Stunden zwischen 140 und 199 mg/dl. 

„Wir brauchen Programme, die individuelle Lebensrealitäten und Belastungen mitdenken – etwa von Frauen in Familienverantwortung. Nur so gelingt Prävention dort, wo sie am meisten bewirken kann. Erste gesundheitsökonomische Analysen deuten zudem auf ein langfristig günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis hin“, so Prof. Dr. Julia Szendrödi, Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Bereits im Jahr 2002 zeigte die Diabetes Prevention Program Study, dass innerhalb von drei Jahren durch einen veränderten Lebensstil Diabetes um 58 Prozent und durch den Einsatz von Metformin um 31 Prozent reduziert werden kann – im Vergleich zu Teilnehmern ohne diese Maßnahmen (Placebogruppe). Die jetzt veröffentlichte Studie bestätigt dieses Ergebnis.

24 Prozent weniger Diabetes

Nach 21 Jahren war die Lebensstil-Gruppe um 24 Prozent seltener von Diabetes betroffen als die Placebogruppe. Mit der Lebensstilintervention konnte die Hälfte der Gruppe ihren Diabetes um 3,5 Jahre hinauszögern. Die Metformin-Gruppe erkrankte zu 17 Prozent weniger an Diabetes als die Placebogruppe und die Hälfte der Betroffenen hatte ein um 2,5 Jahre längeres Diabetes-freies Leben. 

Die Ergebnisse zeigen aber auch: Nicht jede Maßnahme wirkt bei jedem gleich. Während Lebensstilprogramme in allen Altersgruppen erfolgreich sind, profitiert von Metformin vor allem die Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen. Aktuell ist Metformin zudem lediglich zur Behandlung von Diabetes zugelassen, nicht jedoch zur Vorbeugung.

„Die Ergebnisse zeigen, dass frühe und risikoadaptierte Präventionsmaßnahmen das Fortschreiten zum Typ-2-Diabetes verzögern können – ein wichtiger Baustein im Umgang mit der zunehmenden Krankheitslast. Metformin ist zurzeit nicht zur Behandlung des Prädiabetes zugelassen – eine Neubewertung erscheint jedoch angesichts der Evidenz sinnvoll“, betont Szendrödi.  

Prävention wirksam und zugänglich

Der Bedarf an Präventionsprogrammen wächst rasant. Denn immer mehr Menschen leben mit chronischen Krankheiten. „Wir müssen diese Entwicklung ernst nehmen und handeln, bevor die Gesellschaft von der steigenden Krankheitslast überwältigt wird“, mahnt Szendrödi. „Steigt die Zahl chronischer Erkrankungen weiter, geraten Gesundheitssysteme zunehmend an ihre Grenzen. Ohne strukturierte Prävention wird Typ-2-Diabetes voraussichtlich früher auftreten und vermehrt mit weiteren Erkrankungen einhergehen.“

Die Deutsche Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten ("DANK") hat einen 6-Punkte-Plan vorgelegt, der Prävention wirksam und für alle zugänglich machen soll. Er umfasst unter anderem eine Abgabe auf stark zuckergesüßte Getränke, steuerliche Entlastung gesunder Lebensmittel, mehr Bewegung im Alltag von Kindern sowie verbindliche Standards für Kita- und Schulessen. Auch ein verpflichtender Nutri-Score und klare Regeln für ungesunde Lebensmittelwerbung, die Kinder adressiert, sind Teil des Konzepts.