Typ-2-Diabetes

Zwei Medikamente von Anfang an?

Darüber war man sich lange Zeit einig: Nach der Diagnose Typ-2-Diabetes sollte die Behandlung erst mal mit einem Medikament begonnen werden, in den allermeisten Fällen mit Metformin. Doch mehrere Studien deuten darauf hin, dass man Metformin von Anfang an mit einem anderen Medikament kombinieren sollte.

Bei vielen Diabetikern ist es irgendwann soweit – die körpereigene Produktion von Insulin lässt weiter nach und die Insulinempfindlichkeit schwindet. Früher oder später benötigen Diabetiker dann häufig zusätzlich zu Metformin noch andere Medikamente, häufig auch Insulin. Über das „früher oder später“ wird aktuell heftig diskutiert.

Metformin versus Metformin plus Vildagliptin

Eine aktuelle Studie1 zeigt, dass eine kombinierte Therapie von Metformin mit einem Gliptin (in diesem Fall mit Vildagliptin) von Anfang an den HbA1c-Wert wirksamer niedrig hält als eine Behandlung mit Metformin allein. Gliptine hemmen den Abbau des Hormons GLP-1 im Darm und senken so indirekt den Blutzucker, da dieses Hormon auf verschiedene Arten dazu beiträgt, den Blutzucker niedrig zu halten.

Die vorliegende Studie wurde von Novartis, dem Hersteller dieses Gliptins initiiert. Vildagliptin wurde seit 2008 unter dem Namen Galvus vertrieben. Bereits mit Metformin kombiniert heißt das Medikament Eucreas. Da der Gemeinsame Bundesausschuss 2013 keinen Zusatznutzen gegenüber einer Vergleichstherapie mit Sulfonylharnstoffen feststellte, nahm Novartis die beiden Präparate vom Markt um sie nach weiteren Studien 2018 wieder unter den Namen Galvus und Eucreas auf den deutschen Markt zu bringen.

Die vorliegende Studie wurde bereits 2012 an 254 Zentren in 34 Ländern gestartet. Ausgewertet wurden die Daten von 2.000 Patienten. Verglichen wurde die Therapie mit Metformin mit der einer Kombi-Therapie von Metformin und Vildagliptin vom Zeitpunkt der Diagnose an. Bei allen Patienten handelte es sich also um die erste Behandlung ihres Diabetes. Der HbA1c lag zu Beginn zwischen 6,5 und 7,5%.

HbA1c unter der Kombi-Therapie niedriger

Typ-2-Diabetiker, die von Anfang an auch mit dem Gliptin behandelt wurden, wiesen nach rund drei Jahren einen niedrigeren HbA1c-Wert auf, als diejenigen, die nur Metformin eingenommen hatten. Dies ist aber nicht weiter verwunderlich, schließlich erhielten diese Studienteilnehmer ja zwei Medikamente. Der großen Frage, wie sich der frühzeitige Einsatz einer Kombi-Therapie auf Spätkomplikationen auswirkt, wurde in dieser Studie nicht nachgegangen.

Berlin Chemie zieht nach

Der Hersteller des Gliptins Sitagliptin, Berlin Chemie testete seinen Wirkstoff in einem ähnlichen Studienaufbau an rund 500 Diabetikern2. Typ-2-Diabetiker erhielten entweder von Anfang an Velmetia (Metformin plus Sitagliptin) oder nur Metformin. Die Ergebnisse sehen ähnlich aus wie bei der Studie von Novartis.

 

Auch wenn es aktuell so aussieht, als ob eine Behandlung mit zwei Medikamenten von Anfang an, der Behandlung mit nur einem Präparat überlegen ist, ist eine gesunde Skepsis angebracht. Ob die Therapie langfristig zu weniger Komplikationen führt, bleibt abzuwarten.

 

  1. https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(19)32131-2/fulltext
  2. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/dom.13626