Versandhandel mit Arzneimitteln

Verbot abgelehnt: Apothekensterben wird weitergehen

Trotz fortschreitendem Apothekensterben hält Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Versand verschreibungspflichtiger Medikamente fest. 400.000 Menschen hatten in einer Petition gefordert, den Versandhandel zu verbieten. Hintergrund der Forderung war ein Urteil des Europäischen Gerichtshof, welches die deutsche Preisbindung bei Versand aus dem Ausland aushebelte.

Vor allem in den größeren Städten mussten in den vergangenen Jahren immer wieder Apotheken schließen. Neben Überalterung und Fachkräftemangel spielt dabei vor allem die erhöhte Konkurrenz durch Versandapotheken mit Dumpingpreisen eine Rolle. Bereits in 2017 hatte die Landesdelegiertenkonferenz der Diabetiker Niedersachsen sich deshalb für ein generelles Verbot des Versandhandels mit Medikamenten ausgesprochen. Eine gute Beratung und die persönliche Bindung zum Apotheker vor Ort ist gerade für Diabetiker und andere Chroniker ein Stück Lebensqualität und Sicherheit.

Im Februar 2018 nahmen deshalb nicht wenige die Ankündigung im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU, auf ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu setzen, euphorisch auf. Umso enttäuschender, dass Gesundheitsminister Spahn sich jetzt, entgegen der Ankündigungen bei Regierungsantritt, gegen ein solches entschieden hat, wie er gestern in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages bekräftigte.

Umsetzung juristisch unbedenklich

Ein solches Versandhandelsverbot ist in vielen Mitgliedsstaaten der EU seit Jahrzehnten Rechtspraxis. Trotzdem zweifelt Spahn an, ob ein solches Verbot überhaupt mit europäischem Recht zu vereinbaren sei. Dies mutet vorgeschoben an, um sich vor einem klaren politischen Bekenntnis für den Versandhandel und zum Bruch der Koalitionsvereinbarungen zu drücken. Zumindest auf einen Versuch hätte er es ankommen lassen können.

Zumal auch der Pharmaziestudent Benjamin Bühler, der mit seiner Petition die Debatte über das Verbot überhaupt erst wieder belebt hatte, in der Begründung seines Anliegens auf bereits drei juristische Gutachten, die die Umsetzbarkeit des Verbotes nach deutschem und europäischem Recht bekräftigen, verweisen kann. 400.000 Menschen hatten Bühlers Petition aus dem Februar 2019 gezeichnet.

Apotheken vor Ort haben das Nachsehen

Statt des Verbots setze man im Ministerium nun auf die Wiederherstellung der Preisbindung durch Verankerung einheitlicher Abgabepreise im Sozialgesetzbuch. Ein schwacher Trost, hebeln doch die Versandapotheken schon jetzt die einheitlichen Zuzahlungen bei ärztlich verordneten Medikamenten durch Bonussysteme und Rückzahlungen aus. Der Apotheke vor Ort nutzt der nun eingeschlagene Weg also überhaupt nichts. Im Konkurrenzkampf zieht sie durch die Mehrkosten für Service und Qualität immer den Kürzeren.

Wieder nur heiße Luft

Wir fordern deshalb ein Umdenken in der Koalition und Initiativen der Opposition im Bundestag ein. Hier ist eine Chance vertan worden, ein Stück Lebensqualität und Sozialleben zu erhalten. Ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist machbar. Es scheint im Kern am politischen Willen, nicht an Rechtssicherheit zu mangeln. Wieder einmal hat sich unser Verdacht aus dem Februar 2018 bestätigt, dass im Bereich Diabetes von der großen Politik viel heiße Luft produziert wird, aber am Ende leider nicht viel rauskommt.