Barrieren erschweren Therapie

Nicht immer leicht: Diabetes und Migrationshintergrund

In Deutschland leben geschätzt 600.000 Menschen mit Typ 2-Diabetes mit Migrationshintergrund. Nicht nur sprachliche, sondern auch kulturelle und bildungsbedingte Barrieren erschweren diesen Betroffenen den Umgang mit ihrer Erkrankung. Leider besteht oft auch eine Unterversorgung in der Therapie.

Menschen mit Migrationshintergrund erkranken je nach Herkunftsland deutlich häufiger, früher und stärker an Diabetes Typ 2. Viele Migranten in Deutschland stammen aus der Türkei, Polen, Russland oder aus Nordafrika. Dies sind Regionen der Welt, in denen in den kommenden Jahren mit einer besonders hohen Zunahme an Menschen mit Diabetes gerechnet wird.

„Da die kulturelle Vielfalt in den meisten Fällen eine Herausforderung bei der medizinischen Versorgung mit sich bringt, ist es umso wichtiger, sich mit den Besonderheiten bei der Diabetes- und Adipositas-Behandlung von Migranten hinreichend auszukennen“, sagt Professor Dr. med. Werner Kern aus Ulm auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, die Anfang November stattfand.

Menschen mit Migrationshintergrund häufig unterversorgt

Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund seien häufig unzureichend versorgt. „Aus Angst durch Krankschreibungen oder andere medizinische Maßnahmen den Arbeitsplatz zu verlieren, werden Arztbesuche und Vorsorgeuntersuchungen von den Betroffenen oft nicht wahrgenommen“, so Kern. Deswegen blieben Diabetes und Übergewicht und die damit verbundenen Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder erhöhte Blutfettwerte häufig lange Zeit unentdeckt und unbehandelt.

Sprachbarrieren erschweren die Behandlung

Sprachbarrieren stellen bei vielen Menschen ein großes Problem dar. Dazu Kern: „Häufig sprechen Patienten Probleme aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht an. Manchmal kommt es auch dazu, dass Angehörige oder Dolmetscher komplexe medizinische Zusammenhänge nicht richtig übersetzen können und dadurch Informationen verloren gehen“.

Hinzu kommen je nach Herkunft verschiedene, kulturspezifische Besonderheiten dazu, welche die Behandlung des Diabetes erschweren. „In manchen Kulturen wird eine Krankheit als Schicksal, Sühne oder Prüfung Gottes gesehen, die geduldig ertragen werden muss. Die Patienten haben Skrupel zu verändern, was Gott ihnen gegeben hat“, so Kern.

Herausforderung Ramadan

Auch religiöse Einflüsse spielen eine wichtige Rolle. So kann beispielsweise der Fastenmonat Ramadan für Diabetiker eine echte Herausforderung darstellen – vor allem, wenn Insulin und blutzuckersenkende Medikamente verwendet werden, die ein hohes Risiko für Unterzuckerungen bergen. Ärzte und Islamverbände betonen aber: Menschen mit Diabetes dürfen während des Ramadan die religöse Pflicht zu Fasten unterbrechen, wenn ihnen ein ernster gesundheitlicher Schaden droht.