Interview: Fünf Fragen an Gesundheitspolitkerin Kathrin Vogler

Am Rande des Fachgesprächs der Bundestagsfraktion der LINKEN Ende Juni in Berlin stand uns Kathrin Vogler für ein Interview zur Verfügung. Wir haben die gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ein wenig in die Zange genommen und im Hinblick mit Fragen zur Verbesserung der Lebenssituation von Diabetikerinnen und Diabetikern konfrontiert.

Im Bereich der Selbsthilfe wird immer wieder über die Einführung eines nationalen Diabetes-Registers diskutiert. Wie steht DIE LINKE dazu?

DIE LINKE spricht sich immer für eine bessere Versorgungsforschung aus. Nicht nur die Selbsthilfe diskutiert ein Diabetes- Register. Es passt leider zum Bild, dass es bisher lediglich eine Diabetes-Surveillance des Robert-Koch-Instituts gibt, die aber keine Schlussfolgerungen für die Versorgungsqualität zulässt. Deshalb brauchen wir hier dringend ein solches Register, das dazu beitragen kann, Mängel in der Versorgung zu identifizieren und abzustellen.
 

Ein Stimmrecht für die themenbezogenen Vertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Stärkung der Patientenbeteiligung ist allen Diabetes-Selbsthilfeverbänden schon lange ein Anliegen. Wie steht Ihre Partei dazu?

Mittelfristig fordern wir das. Denn nicht immer sind die Kompromisse zwischen Leistungserbringern und Kassen auch im Patienteninteresse. Die Patientenvertretung kann hier ein sinnvolles Korrektiv sein. Dafür sind Fragen der Unabhängigkeit zu klären und die Patientenvertretung organisatorich und finanziell zu stärken. Kurzfristig fordern wir, dass die Patientenvertretung zwei der drei unparteiischen Mitglieder benennen können soll.
 

Das Inklusionsgesetz muss auch die besonderen Bedürfnisse diabetischer Kinder berücksichtigen. Eine Beschulung muss endlich bundesweit ohne Benachteiligung bei Klassenfahrten, Ausflügen etc. unbürokratisch möglich sein. Wie steht DIE LINKE dazu, welche Maßnahmen halten Sie für sinnvoll um die Situation der Betroffenen in Schulen und Kindergärten zu verbessern?

In meinem Bekanntenkreis gibt es einige Diabetikerinnen und Diabetiker, die alle sehr bewusst und offen mit ihrer Erkrankung umgehen. Kürzlich war ich Gast bei einer Familienfreizeit einer Elterninitiative. Dabei ist mir aufgefallen, dass wir beim Thema Inklusion häufig die Kinder mit chronischen Erkrankungen übersehen. Daraufhin habe ich mir vorgenommen, mich regelmäßig an diese besondere Gruppe zu erinnern und habe direkt zum NRW-Landtagswahlprogramm konkrete Vorschläge für die bessere Betreuung chronisch kranker Kinder in Kitas und Schulen eingebracht. Ich kann mir gut vorstellen, dass Schul- und Kita-Gesundheitsdienste hier helfen können, in dem Fachkräfte chronisch kranke Kita- und Schulkinder unterstützen. Selbstverständlich müssen auch Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes sowie Klassenfahrten möglich sein.
 

Noch immer gibt es in der Bundesrepublik zu wenig diabetologische Schwerpunktpraxen, noch immer sind die Diabetologen nach ärztlichem Standesrecht nicht als Fachärzte anerkannt. Haben Sie Konzepte, um diesem Zustand abzuhelfen? Wie soll künftig eine flächendeckende Versorgung gesichert werden?

Menschen mit Diabetes brauchen vor Ort kompetente Ansprechpartner*innen und Beratung – diese muss sichergestellt werden. Verbesserungsbedarf besteht in der alltäglichen Versorgungspraxis über die Sektorengrenzen hinweg; erforderlich ist hier mehr Integration innerhalb der ärztlichen Versorgung (Hausarzt, Facharzt, Klinik), aber auch zwischen Ärzten und anderen Heilberufen. Um die vorhandenen medizinischen Ressourcen optimal einzusetzen, müssen die stationären und ambulanten Einrichtungen besser kooperieren und auch zusammen geplant werden. Die Diabetologie sollte als eigene Disziplin in der ärztlichen Bedarfsplanung berücksichtigt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch in ländlichen Regionen und strukturell benachteiligten städtischen Regionen eine wohnortnahe Versorgung stattfinden kann. Besonders darauf geachtet werden muss, dass die Schließung von Krankenhaus-Abteilungen für Diabetologie die Versorgung nicht beeinträchtigt.

Ich setze mich auch dafür ein, dass Selbsthilfegruppen, die ja eine wichtige Funktion haben, so gefördert werden, dass sie wirklich unabhängig und frei von wirtschaftlichen Interessen im Interesse der Betroffenen arbeitsfähig sind.
 

Befürworten Sie die Kennzeichnung von Lebensmitteln mit Hilfe einer sog. „Lebensmittelampel“?

DIE LINKE setzt sich seit langem für eine verpflichtende „Nährwert-Ampel“ für alle Fertiglebensmittel ein, um verbraucherfreundliche und vergleichbare Lebensmittelinformationen für eine ausgewogene Ernährung zu ermöglichen. Die Ampelkennzeichnung soll auf der Verpackungsvorderseite deutlich erkennbar und gut lesbar dargestellt werden.