„Frei von“- Produkte nicht generell die bessere Wahl

Häufigkeit der Unverträglichkeit von Lebensmitteln überschätzt

Frei von Gluten, frei von Laktose oder Fructose – viele glauben das „frei von“ wäre ein generelles Gütesiegel für Lebensmittel. Experten warnen jedoch davor, diese Nahrungsmittel zu konsumieren, wenn nicht tatsächlich eine nachgewiesene Unverträglichkeit vorliegt.

Immer häufiger finden sich in den Regalen von Supermärkten Lebensmittel, die beispielsweise mit „laktosefrei“ oder „glutenfrei“ gekennzeichnet sind. Für alle, die tatsächlich an Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien leiden, sind diese Produkte sehr wichtig.

Immer öfter greifen aber auch Menschen ohne nachgewiesene Allergien zu diesen meistens teureren Lebensmitteln und erhoffen sich damit Gutes für ihren Körper. Diese speziellen Lebensmittel sind aber nicht für alle sinnvoll und gesund.

Acht von zehn Produkten ohne Laktose landen im falschen Einkaufskorb

Lediglich rund 15 Prozent der Deutschen haben eine nachgewiesene Laktoseintoleranz. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung vor ein paar Jahren ergab aber, dass etwa acht von zehn Konsumenten von laktosefreien Lebensmitteln gar nicht intolerant gegenüber Laktose sind.

Das Problem dabei: Streicht jemand Laktose komplett vom Speiseplan, hört der Körper auf, das Enzym Laktase herzustellen, das der Verarbeitung von Laktose dient. Dann kann es passieren, dass Laktose tatsächlich zum Problem wird. Einem ursprünglich gesunden Organismus geht also die Fähigkeit verloren, Milchzucker zu verdauen. Das heißt, man züchtet sich eine Unverträglichkeit.

Nicht ohne Not auf Gluten verzichten

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung warnt ausdrücklich davor, Laktose und Gluten als gesunder Mensch zu vermeiden. Wer dauerhaft auf alternative Lebensmittel ausweicht, verändere seine Energie- und Nährstoffzufuhr, und zwar nicht immer zum Positiven. „Einige glutenfreie Produkte haben einen höheren Fettgehalt, während der Anteil an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen geringer ist“, so die Gesellschaft.

Würden Weizen und andere glutenhaltige Getreidearten wie Dinkel, Grünkern, Roggen, Hafer und Gerste langfristig vermieden, könne es zu einer geringeren Aufnahme an Ballaststoffen, Vitaminen, Magnesium, Zink und Eisen kommen. Außerdem wären Vollkornprodukte in gewissen Maßen präventiv gegen Herz-Kreislauf- und Krebskrankheiten wirksam.

Unverträglichkeiten vom Arzt abklären lassen

Wer den Verdacht hat, unter einer Laktose- oder auch einer Fruktose-Unverträglichkeit zu leiden, sollte dies unbedingt beim Arzt abklären lassen. Der Nachweis erfolgt recht unkompliziert per Atemtest. Wer meint, trotz ausgeschlossener Glutenunverträglichkeit und einer ausgeschlossenen Allergie auf Weizen, Lebensmittel mit Gluten trotzdem nicht zu vertragen, bei dem kann eine Untersuchung auf eine Weizensensitivität durchgeführt werden. Hier ist das Procedere etwas aufwändiger. Die Betreffenden müssen dann eine gewisse Zeit lang komplett auf Gluten verzichten, damit sich der Darm erholen kann. Nach einer gewissen Pause wird es in geringen Mengen wieder zugeführt und man versucht zu ermitteln wieviel Gluten der Organismus verträgt. Ziel jeder Ernährung sollte eine möglichst abwechslungsreiche und vollwertige Ernährung zu sein, bei der möglichst wenige Stoffe (teilweise oder komplett) ausgeschlossen werden.

Finger weg von Antikörper-Bluttests

Unseriös hingegen sind teilweise sehr teure Tests, welche die Unverträglichkeiten mithilfe von Bluttests auf IgG oder IgG4-Antikörper nachweisen wollen. Sämtliche Fachgesellschaften und auch die medizinischen Leitlinien lehnen diese Tests als Nachweis von Nahrungsmittelunverträglichkeiten strikt ab. Laut Fachleuten handelt es sich bei diesen Tests um eine unseriöse Geschäftemacherei, die bei vielen Menschen dazu führen, dass sie unnötigerweise Diäten halten und so in eine Mangelernährung oder sogar Essstörungen abdriften.

 

Was Gluten mit Diabetes zu tun hat

Typ-1-Diabetiker leiden überdurchschnittlich häufig an einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie). Zöliakie ist eine Unverträglichkeit des Dünndarms gegenüber Gluten. Gluten ist ein Sammelbegriff für Proteine, die in den Getreidesorten Weizen, Dinkel und Ur-Dinkel, Grünkern, Gerste, Roggen und Hafer enthalten sind. Bei Menschen mit dieser Erkrankung löst der Verzehr von Gluten eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut aus. Deswegen müssen sie Gluten strikt meiden.

Vor allem Menschen, die sehr früh an Diabetes Typ 1 erkranken, entwickeln später Zöliakie. Wissenschaftler vermuten, dass Gluten eventuell eine Rolle bei der Entwicklung von Diabetes vom Typ 1 spielen könnte. Auf jeden Fall liegen die Gene für beide Erkrankungen in räumlicher Nähe auf den Chromosomen. Dies bedeutet jedoch ausdrücklich nicht, dass man als Typ-1-Diabetiker ohne Zöliakie auf Gluten verzichten sollte.

Es liegt sogar eine Studie vor, die besagt, dass der vorsorgliche Verzicht auf Gluten, das Risiko für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes erhöht. Das höhere Risiko für Typ-2-Diabetes bei einer Ernährung mit wenig Gluten lässt sich demnach unter anderem auf eine Ernährung mit weniger Ballaststoffen zurückführen.