Foodwatch fordert Verbot

Wie Influencer Kinder zu ungesunden Lebensmitteln verführen

Viele Kinder und Jugendliche folgen Social-Media-Kanälen, auf denen Influencer im Auftrag der Industrie für ungesunde Lebensmittel werben. Die Organisation Foodwatch fordert ein Verbot solcher Marketing-Praktiken.

Welche Torte brauche ich für eine gelungene Geburtstagsparty? Oder: Wie schmelze ich 4.000 Gummibärchen zu einem einzigen großen Gummibären? Erwachsenen wird bei der Idee eher schlecht, Kinder hingegen lassen sich gerne verführen, wenn ein Influencer Ihnen auf Youtube einen Schokoladen-Kontest für 27 verschiedenen Sorten vorführt.

Werbung für Kinder an den Eltern vorbei

Lebensmittelhersteller haben die Macht der Influencer erkannt und investieren immer mehr in das sogenannte Influencermarketing, um Süßwaren, Fastfood und andere ungesunde Lebensmittel an den Eltern vorbei direkt an die Zielgruppe Kinder zu vermarkten.

Influencer sind häufig entweder Teenager oder junge Erwachsene, die per Tiktok, Youtube oder Instagram Bilder und Videos aus ihrem Leben präsentieren, natürlich alle rank und schlank und gut gelaunt. Dort testen sie Produkte und empfehlen diese weiter. Je mehr Abonnenten ein Influencer hat, umso interessanter ist er für die Werbeindustrie.

„Übergriffige Form der Werbung“

„Das Influencer-Marketing ist eine neue Art des Marketings. Sie ist besonders übergriffig und schaltet die elterliche Kontrolle erfolgreich aus", kritisiert Luise Molling von der Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch auf tagesschau.de. Bei ihrer Recherche hat sich Molling die Social-Media-Kanäle der beliebtesten Kinder-Influencer angesehen. Das Prinzip ist überall das gleiche. Junge Menschen verdienen Geld mit einer Mischung aus Entertainment und Werbung.

„Eine Studie hat gezeigt, dass sich in ihrer Persönlichkeit noch nicht gefestigte 11- bis 15-Jährige ihren Online-Stars bedingungslos hingeben und deren Aussagen vollstes Vertrauen entgegenbringen“, so Molling. Die Empfehlungen der Influencer seien für die Kinder und Jugendlichen mit den Empfehlungen von Freunden vergleichbar. Bezahlte Produktvorstellungen müssen von Influencern zwar als Werbung gekennzeichnet sein und direkt zum Kauf darf nicht aufgefordert werden. Abgesehen davon ist so ziemlich alles erlaubt.

Verträge beispielsweise mit Coca Cola, Haribo und Coppenrath und Wiese

„Die Lebensmittelindustrie bewirbt zu zwei Dritteln ungesunde Lebensmittel“, warnt Molling. Für die Influencer sei eine Zusammenarbeit mit großen Firmen ein rentables Geschäft. Drei in der Analyse untersuchte Influencer mit je über einer Million Fans hatten beispielsweise Verträge mit Coca Cola, McDonald's, Mondelez, Haribo oder Coppenrath und Wiese. „Bei der Gruppe dieser besonders erfolgreichen Influencer war bei unserer Analye keiner dabei, der gesunde Produkte beworben hätte“, so Molling.

Julia Klöckner gibt der Werbewirtschaft nur Empfehlungen

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) sieht zwar ein, dass „weitergehende Beschränkungen notwendig“ seien, um Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet, zu regulieren. Auch auf Social-Media-Plattformen müsse das Thema „stärker in den Blick“ genommen werden. „Werbung darf Kinder nicht dazu verleiten, sich ungesund zu ernähren“, sagte Klöckner. Deswegen hat sie den Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft aufgefordert, „die Verhaltensregeln zu verschärfen“. Sie plädiert für „Nachbesserungen bei der Altersgrenze und bei der Werbung für Lebensmittel mit ungünstiger Nährstoffzusammensetzung“.

Freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie macht wenig Sinn

Molling kritisiert, dass es sich hierbei um freiwillige Regulierung ohne großen Nutzen handle. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Werbung dazu führt, dass Kinder mehr Snacks und mehr Kalorien zu sich nehmen. Abermals zeigt sich, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie in keiner Weise eingehalten wird“, kommentierte Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten. „Die Analyse der Influencer-Werbung zeigt in erschreckender Weise, wie Konzerne gezielt Kinder und Jugendliche zum Konsum ihrer ungesunden Produkte animieren. Das macht alle Bemühungen von Eltern und Schule für eine Erziehung zu gesunder Ernährung zunichte“, so Bitzer.

Molling schlägt ein anderes Vorgehen vor: „Es gibt etliche Länder weltweit, die solche Marketinggesetzgebungen umgesetzt haben. Zum Beispiel Chile: Da sehen Sie keine Cartoonfiguren mehr auf zuckrigen Frühstücksflocken, und auch im Internet und Fernsehen dürfen bei Kindern und Jugendlichen beliebte Stars nicht mehr für ungesunde Lebensmittel werben."