Oft keine Behandlung nach den Leitlinien

Versorgung von Kindern mit Diabetes in Gefahr

Es klingt paradox: Für die rund 32.000 Kinder mit Diabetes in Deutschland stehen theoretisch die modernsten Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Trotzdem wird die Versorgung dieser Kinder eher schlechter als besser.

Viele erkrankte Kinder und ihre Familien in Deutschland werden nicht von einem qualifizierte Diabetesteam betreut. Prof. Dr. Karin Lange von der Deutschen Diabetes Gesellschaft betont, dass viele Kinder deswegen nicht gemäß den nationalen und internationalen Leitlinien multiprofessionell betreut werden.

„So gut moderne Therapien und Technologien auch sind“, so Lange, „Sie stellen hohe Ansprüche an einen strukturierten Alltag der Familien, Erziehungskompetenz, Selbstdisziplin, Selbstmanagement und das Verständnis komplexer Zusammenhänge.“

Viele Familien überfordert

Eine Befragung macht zudem deutlich, dass viele Familien mit der Krankheit ihrer Kinder überfordert sind. Viele Familien würden neben der medizinischen auch eine psychosoziale Unterstützung benötigen, betont Lange. Dieser Bedarf sei in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Das hat mehrere Gründe. Zum einen gäbe es mehr Familien mit schlechten Deutschkenntnissen, zum andern auch immer mehr Kleinkinder mit Diabetes. Weitere Gründe, die einer guten Betreuung von kleinen Diabetikern im Weg stehen sind schlechte soziale Verhältnisse und psychisch erkrankte Eltern.

Vor allem im ländlichen Bereich wenig Angebote

Zu einer guten Betreuung gehört nicht nur ein Kinderdiabetologe, sondern auch ein Psychologe und ein Diabetesassistent. Es ginge nicht nur darum, die Stoffwechselwerte unter Kontrolle zu halten, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Kinder die Krankheit seelisch bewältigen und gleichzeitig zusammen mit ihren Eltern lernen, im Alltag mit dem Diabetes zurecht zu kommen. Gerade in ländlichen Regionen gäbe es oft nur wenig Angebote, so Lange.

In Kinderkliniken viele Stellen gestrichen

Selbst in Kliniken sieht es mit einer multiprofessionellen Betreuung nicht immer gut aus. Infolge von Sparmaßnahmen sind in den letzten zehn bis zwölf Jahren viele Stellen gestrichen worden. Außerdem sind fast alle Kinderkliniken von einem steigenden Mangel an jungen Ärzten und Pflegekräften betroffen.

Um dieser „relevanten Gefährdung der qualifizierten Versorgung der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes“ entgegenzuwirken, müssten qualifizierte regionale und überregionale multiprofessionelle Zentren mit adäquater Finanzierung stationärer und ambulanter Leistungen und Ausbildungsauftrag verstetigt werden, so Lange. Zusätzlich könnten telemedizinische Angebote die unter Umständen weite Anreisen der Familien vermeiden.

Eine weitere Idee sind Zentren für junge Menschen mit Typ-1-Diabetes in denen nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch junge Erwachsene umfassend betreut werden könnten.