DDG fordert Änderung der Mutterschaftsrichtlinien

Schwangerschaftsdiabetes häufig nicht erkannt

In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Frauen, die an Gestationsdiabetes erkranken, mehr als verfünffacht. Leider wird diese gefährliche Komplikation häufig zu spät oder gar nicht vom Arzt erkannt.

 

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 45.000 Frauen an Schwangerschaftsdiabetes. Das sind fast sechs von hundert Schwangeren. „Ein zu spät oder nicht diagnostizierter Gestationsdiabetes kann zu schweren Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen sowie Folgeerkrankungen bei Mutter und Kind führen“, warnt Prof. Dr. Monika Kellerer von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Zudem erkranken Frauen mit Gestationsdiabetes später überdurchschnittlich häufig an Diabetes Typ 2.

Trotz Screening häufig nicht erkannt

Ein Screening auf Diabetes in der Schwangerschaft ist vorgeschrieben. Trotzdem werde die Erkrankung häufig zu spät oder gar nicht diagnostiziert, kritisiert die DDG. Dies liege an dem aktuell praktizierten Testverfahren. Dieses sieht Folgendes vor: Die Schwangere trinkt zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine Lösung, die 50 Gramm Glukose enthält. Werden im Anschluss zu hohe Blutzuckerwerte gemessen, folgt in einem zweiten Schritt der sogenannte orale Glukosetoleranztest, bei dem nüchtern 75 Gramm Glukose eingenommen werden.

DDG fordert Nüchterntest für alle Schwangeren

„Leider fallen viele tatsächlich an Gestationsdiabetes erkrankte Mütter in diesem zweistufigen Verfahren aus dem Raster“, erklärte Prof. Dr. Ute Schäfer-Graf von der DDG. Das Problem: Der erste Test erfolgt unabhängig von der Tageszeit oder der letzten Nahrungsaufnahme im nicht-nüchternen Zustand. Schäfer-Graf fordert deswegen eine Überarbeitung der Mutterschaftsrichtlinien und einen oral Glukosetoleranztest in nüchternem Zustand für alle Frauen.

Wird bei einer Schwangeren ein Diabetes erkannt, muss sie regelmäßig ihre Blutzuckerwerte testen. Leider werden aber Blutzuckermessgeräte für nicht mit Insulin behandelte Frauen von vielen Kassen nicht bezahlt. „Das ist weder aus medizinischer noch aus gesundheitsökonomischer Sicht nachvollziehbar“, betonte Prof. Dr. Michael Hummel von der DDG. In einer aktuellen Stellungnahme spricht sich die DDG dafür aus, Blutzuckermessgeräte für alle Frauen mit Gestationsdiabetes zu erstatten.

Weitreichende Folgen für Mutter und Kind

Wird ein Schwangerschaftsdiabetes nicht erkannt, nimmt das Risiko für Komplikationen bei der Geburt zu. Kinder von Müttern mit unerkanntem Schwangerschaftsdiabetes kommen häufiger mit einem höheren Geburtsgewicht und deswegen per Kaiserschnitt auf die Welt. Auch die Rate an Frühgeburten ist erhöht.

Nach der Geburt kann es bei den Kindern zu Anpassungsschwierigkeiten kommen: Sie neigen zu Problemen mit der Atmung, Unterzuckerungen oder Neugeborenen-Gelbsucht. Langfristig gesehen haben diese Babys ein erhöhtes Risiko, übergewichtig zu werden und später an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes haben überdurchschnittlich oft einen zu hohen Blutdruck, vermehrt Harnwegsinfekte und häufig setzen auch die Wehen zu früh ein, was die Rate an Frühgeburten erhöht.