Bei neu aufgetretenem Typ-1-Diabetes

Rheumamittel rettet Betazellen

Ein Wirkstoff zur Behandlung von rheumatoider Arthritis kann bei Kindern, die neu an Diabetes Typ 1 erkrankt sind, die körpereigene Insulinproduktion teilweise erhalten.

Typ-1-Diabetes tritt in den meisten Fällen im Kindesalter auf. Stellt der Arzt die Diagnose, sind die Betazellen dieser Kinder oft noch in der Lage, kleinere Mengen an Insulin herzustellen. Im Laufe der Erkrankung versiegt diese körpereigene Insulinproduktion aber. Könnte es gelingen, diese Restfunktion der Betazellen zu erhalten, müssten diese Typ-1-Diabetiker weniger Insulin spritzen und hätten im späteren Leben ein geringeres Risiko für Unterzuckerungen.

TNF-α-Blocker erhält die Restfunktion der Betazellen

Ein Medikament, das den monoklonalen Antikörper Golimumab enthält (Handelsname Simponi®), ist eigentlich zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen ab dem Alter von zwei Jahren zugelassen. Jetzt wurde dieses Medikament im Rahmen einer Studie bei neu an Typ-1-Diabetes erkrankten Kindern eingesetzt. Es gelang dabei, die Funktion der Betazellen und damit die Insulinproduktion größtenteils zu erhalten.

Golimumab enthält einen TNF-α-Blocker. Dieses Medikament aus der Gruppe der sogenannten Biologika hemmt den Tumornekrosefaktor-α, ein Zytokin, das unter anderem entzündungsfördernd und immunmodulierend wirkt. Rheuma ist wie Typ-1-Diabetes eine Autoimmunerkrankung. Daher erhoffte man sich auch bei Typ-1-Diabetes einen positiven Effekt dieses Antikörpers.

Therapie nur kurz nach der Erkrankung möglich

Die 84 Teilnehmer der Studie waren zwischen 6 und 21 Jahren alt und innerhalb der letzten drei Monate an Diabetes vom Typ 1 erkrankt. Bei allen war der Körper noch in der Lage eine kleinere Menge an Insulin herzustellen. Ziel der Studie war, diese Restproduktion zu erhalten.

Zwei Drittel der Teilnehmer erhielten den Antikörper, das dritte Drittel ein Placebo. Der Wirkstoff wurde alle zwei Wochen unter die Haut gespritzt. Gemessen wurde, ob und wann sich die Insulinproduktion über einen Zeitraum von vier Stunden änderte. Der Untersuchungszeitraum lief über ein Jahr.

Insulinproduktion über ein Jahr beinahe erhalten

Während die Insulinproduktion bei den Teilnehmern der Placebogruppe um 56 Prozent sank, lag dieser Wert bei denjenigen, die den Antikörper gespritzt bekamen, bei lediglich 12 Prozent. Das heißt, dass die eingeschränkte Produktion von Insulin über ein Jahr beinahe erhalten werden konnte. Deswegen musste die Insulindosis bei denjenigen, die das Medikament bekommen hatten, im Gegensatz zu denjenigen der Placebogruppe, kaum erhöht werden. Auch Entgleisungen des Blutzuckers traten unter der Behandlung mit dem Rheumamittel um 36 Prozent seltener auf als bei den Teilnehmern, die kein Medikament erhielten.

Bei der vorliegenden Studie handelte es sich um eine sogenannte Phase-II-Studie mit einer kleinen Gruppe an Studienteilnehmern. Bevor klarere Aussagen getroffen werden können, müssten erst Phase-III-Studien mit einer deutlich größeren Zahl an Teilnehmern durchgeführt werden. Deswegen gibt es für das Rheumamittel aktuell noch keine Therapieempfehlung.

Vermutlich lebenslange Behandlung notwendig

Vermutlich müsste die Behandlung mit dem Antikörper lebenslang durchgezogen werden, um die Antikörper gegen die Betazellen im Blut weiter in Schach zu halten. Die Zukunft wird zeigen, ob es sich lohnen wird, die Nebenwirkungen der neuen Therapie zugunsten einer Erhaltung einer geringen Insulinproduktion zu akzeptieren.