Richtig handeln bei Unterzuckerung und Co.

Notfall! Was Angehörige wissen sollten

Für Familienmitglieder von Menschen mit Diabetes sind Notfallsituationen oft schockierend und machen Angst. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Angehörigen wissen, was zu tun ist.

Es ist sehr wichtig, dass nicht nur Menschen mit Diabetes gut über ihre Krankheit Bescheid wissen, sondern auch die anderen Bewohner des Haushalts. Deswegen sollten neben den Diabetikern immer auch ihre nächsten Angehörigen geschult werden. Denn nur, wenn der Partner oder andere Angehörige Wissen über die Behandlung von Diabetes haben, können sie in Extremsituationen eingreifen und auch dem Notarzt wichtige Informationen geben, wenn der Erkrankte dazu nicht mehr in der Lage sein sollte.

Insulin doppelt gespritzt?

Trotz aller Schulungen kann es vorkommen, dass der Blutzucker entgleist. In derartigen Situationen sind die Ängste der Partner oft größer als die der Menschen mit Diabetes.
Die Diabetologin Dr. med. Veronika Hollenrieder vom ambulanten Diabeteszentrum München-Unterhaching schildert in der Zeitschrift „Info Diabetologie“ typische Notfallsituationen aus ihrer Praxis. „Es sind immer wieder ähnliche Notfallsituationen, trotz des technischen Fortschritts. Diese sind:

  • Verwechslung von Insulinen (Basalinsulin, Bolusinsulin)
  • Insulin wurde doppelt gespritzt
  • Erbrechen nach dem Essen
  • Unterzuckerungen nach Alkoholkonsum“

Der erste Schritt ist grundsätzlich der Anruf beim Notarzt. Wichtig für die Ärzte oder Rettungssanitäter sind in solchen Situationen Angaben über die Menge und den Namen des zuletzt gespritzten Insulins. Der Diabetikerausweis ist sehr hilfreich, allerdings nur dann, wenn er korrekt ausgefüllt und im Notfall griffbereit ist.

Immer wissen wo das Glukagon liegt

Hollenrieder: „In Notfallsituationen, insbesondere Unterzuckerungen mit Bewusstlosigkeit, kommt es vor allem darauf an, dass Angehörige Ruhe bewahren und die richtigen Maßnahmen ergreifen“.  Ist der Notarzt kontaktiert, ist es wichtig, dass Angehörige wissen, wo die Notfallspritze liegt und wie sie verabreicht wird. Seit kurzem gibt es Glukagon auch als Nasenspray. Dies dürfte es vielen einfacher machen, zu helfen.

Angehörige sollten wissen wie das Blutzuckermessgerät funktioniert

Die Familienmitglieder sollten aber auch wissen, wo das Blutzuckermessgerät ist und wie es zu bedienen ist. Dies gilt auch für kontinuierlich messende Glukosesensoren, die zunehmend die herkömmliche Blutzuckermessung ablösen.

Weitere wichtige Fragen für die Angehörigen sind: Wo befinden sich Insulin und Pens und wie funktionieren sie? Wie funktioniert der Glukosesensor? Wo im Haushalt befinden sich schnelle Kohlenhydrate (Saft, Traubenzucker etc.)? Wo ist der Notfallausweis und wo die Spritze oder das Spray mit Glukagon?

Gefahr gestörte Hypoglykämie-Wahrnehmung

Es gibt Diabetiker, die auch bei sehr niedrigen Zuckerwerten, keine Warnsymptome mehr spüren. Mediziner sprechen hier von einer gestörten Hypoglykämie-Wahrnehmung. Dieses Phänomen betrifft vor allem Diabetiker, die über die Jahre hinweg bereits viele Unterzuckerungen hinter sich haben. Hypoglykämien stellen dann aber beispielsweise im Straßenverkehr ein großes Risiko dar.

„Partner oder Angehörige ziehen sich oft den Unmut der Betroffenen zu, wenn sie diese auf Symptome einer Unterzuckerung aufmerksam machen. Egal ob Kurzzeit- oder Langzeitpartnerschaft - die Hinweise des Partners sind extrem wichtig und hilfreich - sowohl für Patienten als auch für uns Ärzte“, so Hollenrieder. Was den Betroffenen selbst oft nicht bewusst ist, wird von anderen registriert. Typisch sind eine gestörte Grob- und Feinmotorik, emotionale Labilität, Aggressivität, mangelnde Konzentration bis hin zur Verwirrung.


Training zur Wahrnehmung von Unterzucker

Das Blood Glucose Awareness Training ist ein Schulungsprogramm für Menschen mit Diabetes und gestörter Glukosewahrnehmung. Dieses Trainingsprogramm ist für Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes gedacht, läuft über acht Wochen und ist zur Verbesserung der eigenen Wahrnehmung für Unterzuckerungen gedacht. Auch hier sollten die Angehörigen miteinbezogen werden, da sie die Symptome sehr oft besser wahrnehmen als ihre Familienangehörigen mit Diabetes.