Stuhlkreis ist out

Junge Diabetiker informieren sich im Netz

Die klassische Selbsthilfe, bei der man sich real trifft und austauscht, scheint vor allem für junge Menschen mit Diabetes kein Thema mehr zu sein. Aber auch immer mehr Ältere informieren sich lieber im Netz.

Von den mehreren Millionen Menschen mit Diabetes sind lediglich etwas über 40.000 in Selbsthilfegruppen organisiert. Haben die Menschen mit Diabetes etwa kein Bedürfnis sich auszutauschen? Mitnichten! Aber die Plattform hat sich radikal verändert.

Selbsthilfetreffen finden viele altmodisch

Bei dem Wort „Selbsthilfe“ denken vor allem Jüngere oft an ältere Herrschaften, die im Stuhlkreis ihr Leben und ihre Probleme ausbreiten. Altmodisch und unzeitgemäß finden offensichtlich viele und bevorzugen Facebook, Twitter und Instagram. Rund hundert Diabetesblogs gibt es in Deutschland. Diese haben Follower im fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich. Die Vorteile: Der Informationsaustausch findet rasant statt. Egal ob die Zulassung eines neuen Wirkstoffs oder eine neue Insulinpumpe – in Windeseile verbreitet sich die Nachricht im Netz.

Rasche Hilfe bei Alltagsproblemen

Die virtuelle Gemeinschaft bietet Anonymität und gleichzeitig eine Art von Geborgenheit. Hier lässt sich leichter nachfragen, wie man denn seine Pumpe unter einem dünnen Sommerkleid trägt und ob man sie bei Sex lieber abnimmt oder nicht. „Wenn eine neue Pumpe auf den Markt kommt, dauert es keine halbe Stunde, bis die diskutiert wird“, so die Bloggerin Lisa Schütte gegenüber der Ärztezeitung*. Für sie führt kein Weg an digitalen Medien vorbei. Und auch wer kurzfristig Tipps brauche, wie sich die Pumpe beim Feiern am besten verstecken oder der Glukosesensor am Strand sicher fixieren lasse, komme an digitalen Medien nicht vorbei, so Schütte.

Bauchspeicheldrüse Marke Eigenbau

Die Community ist dabei sogar der deutschen Realität voraus, wie das Beispiel von Closed Loop Diabetes-Systemen zeigt. In den USA bereits auf dem Markt, werden diese Systeme voraussichtlich erst ab 2020 in Deutschland erhältlich sein. Dabei drosselt oder steigert die Pumpe in einem geschlossenen Kreis von Zuckermessgerät und Insulinpumpe – also einem Closed Loop – anhand der ermittelten Glukosewerte automatisch die Insulinabgabe. Eine Art künstliche Bauchspeicheldrüse entsteht.

Da viele deutsche Diabetiker nicht auf die Zulassung warten wollten, hat sich eine Internet-Community, die „Looper“ gebildet. Die versuchen sich ihre Systeme selber zu bauen, indem sie Messsysteme und Pumpen mittels Software verschalten und sich so ihre eigene Bauchspeicheldrüse bauen. Bauanleitungen finden sich wo? Natürlich im Netz!

 

Weiterführende Links:

Junge Diabetiker setzen auf Schwarmintelligenz