Diabetiker wurden nicht gefragt

Forderung nach Diabetes-Videoschulung als Kassenleistung

In zahlreichen Bundesländern gab es aufgrund der Corona-Pandemie für Diabetiker Videoschulungen statt der üblichen Gruppenschulungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sich dieses Format bewährt hat.

Im April hatte der Gemeinsame Bundesausschuss einen Eilbeschluss zu Schulungen für Menschen mit Diabetes beschlossen, die an einem Disease-Management-Programm (DMP) teilnehmen. Um die besonders gefährdete Gruppe der Diabetiker vor einer Infektion mit COVID-19 zu schützen und gleichzeitig die Arztpraxen zu entlasten wurden die üblichen Gruppentreffen in vielen Gegenden Deutschlands vorerst bis zum Jahresende ausgesetzt. Eine Reihe von Kassenärztlichen Vereinigungen ermöglichte es daraufhin, Schulungen auch online durchzuführen.

Meinung von Diabetikern leider nicht erfragt

Eine Umfrage von mehreren wissenschaftlichen Instituten und Verbänden ergab jetzt, dass sich diese Videoschulungen für Personen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2 in den vergangenen Monaten bewährt haben. Gefragt wurde nach den Erfahrungen mit Online-Schulungen von insgesamt 356 Ärzten, Diabetesberatern und Diabetesassistenten. Die Meinung von Diabetikern wurde leider nicht erfragt.

Drei Viertel der Befragten erachten die Internetstruktur in ihrer Praxis für die Onlineschulung als ausreichend, rund 60 Prozent der Praxen sehen sich für die Online-Gruppenschulung technisch gut ausgestattet, aber lediglich 55 Prozent schätzen die Schulungskräfte als angemessen technisch kompetent ein, um Videoschulungen durchzuführen.

Jede zweite Praxis hält Videoschulung für eine gute Alternative

Knapp die Hälfte der Befragten sieht in Videoschulungen eine gute Alternative zu Schulungen von Angesicht zu Angesicht. Wie erwartet war die Beurteilung von Praxen, die
bereits Erfahrungen mit der Onlineschulung gesammelt haben, signifikant positiver als solche, die bislang noch keine Onlineschulungen durchgeführt hatten. Die Mehrheit der Befragten sei zuversichtlich, Patienten ihrer Praxis zu einer Videoschulung motivieren zu können. Ein Technik-Check vor der Schulung erscheint jedoch unbedingt notwendig, um einen störungsfreien Ablauf zu ermöglichen, so das Statement der Autoren der Befragung.

Präsenzschulungen bleiben aber weiterhin „Goldstandard“

Insgesamt wünscht sich jede dritte Praxis, dass Onlineschulungen einen festen Platz im Praxisangebot erhalten. Dazu Dr. Nicola Haller, Vorsitzende des Verbandes der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V.: „Dies begrüßen wir sehr, da wir so weitestgehend auch technikaffine Patienten und Berufstätige schulen können oder Personen mit langen Anfahrtswegen zur Praxis. Präsenzschulungen müssen aber weiterhin Goldstandard der Diabetesschulung bleiben“.

Krankenkassen sollen die Kosten für beide Schulungsformen übernehmen

Die entsprechenden Verbände fordern daher nun „ein Parallelangebot von Präsenz- und Videoschulungen in der Diabetologie“, dessen Kosten die Krankenkassen übernehmen sollten. „Voraussetzung ist, dass Videoschulungen nur mit den DMP-Diabetes zertifizierten strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogrammen durchgeführt werden. Und natürlich müssen die von der KBV gesetzten Datenschutzstandards eingehalten werden und nur zertifizierte Videoanbieter mit End-to-Endverschlüsselung genutzt werden“, sagte Prof. Dr. Monika Kellerer, Präsidentin der Deutschen Diabetesgesellschaft.