DIA-AID live

Ypsomed und Dexcom: Lob für den Loop – und konkrete Kritik

Es zeichnet sich immer mehr ab: Beim Diabetes-Management gehört die Zukunft der weitgehend automatischen Insulinabgabe. Bei der jüngsten DIA-AID live-Veranstaltung ging es um das Zusammenspiel der YpsoPump mit dem Dexcom G6. Allerdings bekamen die Medizintechnik-Vertreter auch Hausaufgaben mit auf den Weg.

Am Ende brachte es Moderator Sascha Schworm gewohnt pointiert auf den Punkt: „Wir haben uns bei DIA-AID live ja schon häufiger mit Loops beschäftigt – und ich merke: Das wird mit der Zeit so richtig geil!“ Gut drei spannende Stunden waren zuvor mit der Vorstellung der Kooperation zwischen Dexcom und Ypsomed vergangen, wobei die Zahl von knapp 70 Teilnehmenden das enorme Interesse an der Online-Selbsthilfeveranstaltung der Diabetiker Niedersachsen und den hier erstmalig und exklusiv in dieser Form zugänglich gemachten Informationen zeigten.

Franziska Voigt (Dexcom) und Jürgen Eichenlaub (Ypsomed) stellten die Geräte – also das CGM-System G6 sowie die Insulinpumpe YpsoPump – und die damit mögliche Hybrid-Closed-Loop-Lösung vor. Quasi als Schnittstelle fungiert dabei die Smartphone-App CamAPS, die für Menschen ab einem Alter von einem Jahr und auch in der Schwangerschaft zugelassen ist. Erhältlich ist sie zunächst nur für Android, iOS folgt voraussichtlich im Herbst. Ein von der Universität Cambridge entwickelter und in klinischen Studien getesteter Algorithmus passt die Insulinabgabe über die Insulinpumpe automatisch an die Sensor-Glukosedaten des G6 an.

Einfache Handhabung

Die Handhabung soll, wenn im Sommer 2022 die Markteinführung stattfindet, sehr einfach sein. Zunächst wird kaum mehr als die durchschnittliche Tagesinsulindosis der letzten fünf Tage und das Körpergewicht eingegeben. Dann heißt es ein wenig Geduld haben und bei Ausschlägen nach unten oder oben auch mal „cool bleiben“ (Sascha Schworm), bis der Algorithmus nach rund zwei Wochen rund läuft. Wenn das klappt, verspricht das „automated insulin delivery“-System – also das System zur automatischen Insulinabgabe auf Basis der erhaltenen Sensorglukosewerte – eine vergleichsweise einfache Erhöhung der „Zeit im Zielbereich“.

Lob gab es vonseiten der Teilnehmenden für die Ankündigung von Ypsomed, die Kosten für die  App CamAPS in Höhe von ca. 80 Euro im Monat zu übernehmen – und zwar, so versicherte Jürgen Eichenlaub, ohne zeitliche Begrenzung.

Kritik: Mangelnde Barrierefreiheit

Allerdings – und das gehört seit Beginn der DIA-AID live-Veranstaltungen unbedingt dazu – wurde auch Kritik an den Medizintechnik-Herstellern geäußert. Ganz konkret betraf das im Fall von Ypsomed die mangelnde Barrierefreiheit: So praktisch Touchscreens für viele Menschen auch sind, blinde und sehbehinderte Personen haben hier große Schwierigkeiten oder die Bedienung wird ihnen gar unmöglich.

Deutlich machte dies unter anderem ein Teilnehmer aus der Schweiz. Dessen neunjährige Tochter ist Typ-1-Diabetikerin – er selbst ist blind. Schon mehrfach, so berichtete der Vater, habe er bei  Ypsomed auf eine barrierefreie Bedienbarkeit gedrängt, passiert sei trotz verschiedener Versprechen aber noch nichts. Die YpsoPump sei ja grundsätzlich gut, aber in Sachen Bedienbarkeit werde einfach viel Potential verschenkt. In jedem Fall, so versprach er, werde er in dieser Angelegenheit „weiter nerven“. Und auch dafür sind die DIA-AID live-Veranstaltungen natürlich genau die richtige Plattform!