Fettfreie Ernährung

Typ-2-Diabetes kurieren mit Kohlenhydraten im Überfluss: Kann das klappen?

Menschen mit Diabetes sind es beim Essen gewohnt, penibel auf die Menge an Kohlenhydraten zu achten. Dies sei aber gar nicht nötig, argumentiert die Ernährungsberaterin Dr. Julia Brehm. Im Gegenteil: Wer als Diabetikerin oder Diabetiker mit Typ 2 stattdessen weitgehend auf Fett verzichte, könne praktisch symptomfrei leben und brauche sich über Kohlenhydrate keine Gedanken mehr zu machen. Dieser Ansatz wurde beim letzten DIA-AID live-Abend lebhaft diskutiert.

Das Beispiel, das Dr. Julia Brehm benutzte, um ihren Ansatz zu erläutern, war durchaus griffig. Man solle sich mal vorstellen, so erklärte die selbstständige Ernährungsberaterin im Rahmen der jüngsten DIA AID live-Videokonferenz, dass einem plötzlich die Servolenkung kaputt gehe. Nun werde das Fahren auf kurvigen Straßen natürlich sehr schwierig. Und wenn dann der Mechaniker in der Werkstatt einzig und allein den Tipp habe, jetzt nur noch auf möglichst geraden Straßen zu fahren, sei das natürlich kaum eine Lösung.

Insulinresistenz als Ursache

Übersetzt auf Diabetes bedeute das, dass Menschen mit Typ 2 zwar Medikamente nehmen und beim Essen die Kohlenhydrateinheiten zählen könnten – damit allerdings nicht die Ursache ihrer Erkrankung angingen. Diese Ursache verortet Dr. Julia Brehm bei einer Insulinresistenz, die durch zu viel Fett und tierische Proteine in der Nahrung ausgelöst werde.

Mit anderen Worten: Die Symptome eines Typ-2-Diabetes könne man mit Medikamenten und kohlenhydratbewusster Ernährung zwar in den Griff bekommen, die Ursache – also gewissermaßen die kaputte Servolenkung – würde in Form der Insulinresistenz aber bestehen bleiben. Wer jedoch auf Fette und tierisches Protein verzichte, könne die Erkrankung bei der Wurzel packen und praktisch kurieren.

Interesse und Skepsis

Bei den Teilnehmenden der DIA AID live-Veranstaltung stieß dieser Ansatz auf viel Interesse, allerdings auch auf eine ordentliche Portion Skepsis. „Also ich frage jetzt mal ganz konkret“, meinte ein Zuhörer, „wenn ich einen ordentlichen Teller Nudeln mit Tomatensoße esse und mein Blutzucker danach durch die Decke schießt, habe ich damit trotzdem etwas gegen die Insulinresistenz getan, weil die Mahlzeit praktisch fettfrei war –oder was?!“

Die Antwort der Ernährungsberaterin: Ja, das stimme grundsätzlich sogar. Es brauche leider einige Tage, Wochen oder gegebenenfalls sogar Monate, um mit einer solchen Ernährungsumstellung zu Erfolgen zu kommen. Akut hohe Blutzuckerwerte seien aber insgesamt weniger schlimm als eine dauerhafte chronische Insulinresistenz.

Kein Öl auf dem Teller

Und wie sieht die Kost nun aus, die Dr. Julia Brehm als Schlüssel zum Kampf gegen die Insulinresistenz sieht? Zumindest nicht wie die von vielen als ja durchaus recht gesund wahrgenommene mediterrane Ernährung. Die enthalte nämlich zu viel Fisch – und vor allem auch zu viel Öl. Bei ihr selbst komme überhaupt gar kein -zusätzliches, nicht bereits in der Nahrung enthaltendes - Öl auf den Teller, erklärte sie, sondern ¼ Getreide, ¼ Hülsenfrüchte, ¼ Obst, ¼ Gemüse – und dazu in sehr geringen Maßen fettreiche Dinge wie Nüsse oder Sojaprodukte.

Hier schieden sich dann die Geister. Denn viele Teilnehmende hatten ganz augenscheinlich kaum eine gesteigerte Neigung, sich langfristig auf eine solche Diät einzulassen. Sascha Schworm, der bekennende Steak-Liebhaber und Moderator des Abends, wies in diesem Zusammenhang jedenfalls augenzwinkernd darauf hin, dass der Rinderbestand rund um seinen Heimatort Tuningen in den letzten Jahren deutlich abgenommen habe: „Die hatten alle Angst vor mir!“