DIA-AID live

Selbsthilfe 2.0: Konkrete Tipps zu Zuckerwerten – und Gummibärchen-Differenzen

Bei der letzten DIA AID live-Veranstaltung ging es um Erfahrungen und Fakten rund um Über- und Unterzuckerungen. Für die Teilnehmenden gab es viele Informationen – und beim Thema Süßigkeiten als Notfallration eine altersgruppenspezifisch unterschiedliche Empfehlung der Referentinnen.

Es ist nicht sonderlich häufig, dass sich die Geister ausgerechnet an Gummibärchen scheiden. Bei der jüngsten DIA AID live-Veranstaltung war genau das aber der Fall. Das Thema der virtuellen Selbsthilfe-Veranstaltung waren Erfahrungen, Mythen und Fakten rund um die Zuckerwerte. Die Diabetesberaterin Kea Diederichs hatte eine Reserve an Fruchtgummi als Notfallration bei Unterzuckerung empfohlen.

Dem widersprach die vor allem im Kinder- und Jugendbereich tätige Kollegin Kerstin Remus. Warum? Ganz einfach: „In der Hypo fühlt man sich ja nun wirklich nicht besonders wohl“, so die Expertin, „und zumindest Kinder sollten Süßigkeiten doch eigentlich dann essen, wenn es ihnen gut geht und sie die Nascherei auch genießen können.“ Mit anderen Worten: Damit das Gummibärchen positiv konnotiert bleibt, sollten für den Notfall eher klassisch Traubenzucker und Saft bereitgehalten werden. Zudem gebe es noch ein weiteres Problem: In der Schule oder Kita könne es durchaus zu Konflikten kommen, wenn einigen Kindern der Genuss von Süßkram verboten sei, während andere Kinder beherzt in die Zuckerware beißen dürfen – selbst, wenn das in diesem Fall nicht aus purer Genussfreude geschehe, sondern medizinisch geboten sei.

Hypo-Teufelskreis

Es gab für die rund 50 Teilnehmenden also wieder eine Menge Informationen und praktische Tipps für den Alltag mit auf den Weg. Die in einer Lüneburger Schwerpunktpraxis tätige Kea Diederichs konzentrierte sich in ihrem Beitrag auf das Thema Unterzuckerung, Kerstin Remus vom Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult in Hannover zeigte danach eine Präsentation zum Thema Überzuckerung.

Kea Diederichs wies dabei unter anderem auf den vermaledeiten „Hypo-Teufelskreis“ hin: Hat eine Person häufig niedrige Blutzuckerwerte (weniger als 60 mg/dl), werden auch die Hypo-Anzeichen schwächer und treten später auf. Das wiederum führe dazu, dass die Hypowahrnehmung schwerer und weniger zuverlässig wird – was wiederum zu einer Häufung von niedrigen Blutzuckerwerten führe. Kurz gesagt: „Hypos machen Hypos“, so Diederichs.

Schätzwerte häufiger überprüfen

Kerstin Remus hatte ein Beispiel aus dem täglichen Leben, wie es plötzlich zu hohen oder zumindest zunächst einmal erhöhten Werten kommen kann: Ihre Klinik wird durchgehend von ein und derselben Bäckerei beliefert – allerdings haben die Brötchen am Wochenende einen ganz anderen Kohlenhydratwert als unter der Woche, was man ihnen freilich nicht ansieht. „Wir haben eine Weile gebraucht, bis wir den Grund herausgefunden haben, warum die Werte bei unseren Patientinnen und Patienten am Wochenende immer höher waren“, so Remus. Sie rät daher dazu, immer mal wieder auch mit der Waage zu überprüfen, ob die eigenen Schätzwerte noch stimmen.

Einig waren sich die beiden Beraterinnen darin, dass Diabetikerinnen und Diabetiker sowohl für Unter- als auch für Überzuckerung konkrete Konzepte für das dann notwendige Handeln bereit haben sollten. Dazu gehöre auch, Angehörige, Freunde und Bekannte aufzuklären und mit ins Boot zu holen. Und sie gegebenenfalls mit Traubenzucker – oder zur Not auch einer Tüte Gummibärchen! – auszustatten.